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Brandenburg: Sorben: Weniger Geld, weniger Identität

Scharfe Kritik des Rates für sorbische Angelegenheiten an der Landesregierung: Mit der Kürzung der Mittel für die Förderung sorbischer Institutionen und Vereine werde sie der Verfassung nicht gerecht, kritisierte der Vorsitzende Harald Konzak. Während sie die kulturelle Eigenständigkeit des sorbischen Volkes garantiere, seien weitere Institutionen in ihrer Existenz bedroht.

Scharfe Kritik des Rates für sorbische Angelegenheiten an der Landesregierung: Mit der Kürzung der Mittel für die Förderung sorbischer Institutionen und Vereine werde sie der Verfassung nicht gerecht, kritisierte der Vorsitzende Harald Konzak. Während sie die kulturelle Eigenständigkeit des sorbischen Volkes garantiere, seien weitere Institutionen in ihrer Existenz bedroht. Der Vertreter der sorbischen Minderheit warf Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) und Kulturminister Wolfgang Hackel (CDU) am Freitag vor, sich mit fadenscheinigen Begründungen aus der Solidarität mit den Sorben zurückzuziehen. Dies sei, so Konzak, ein "Ergebnis der großen Koalition".

Der Hintergrund: Die rot-grüne Bundesregierung beabsichtigt, ihre Zuschüsse zur Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk in den nächsten Jahren um eine auf 14 Millionen Mark zu senken. Die Stiftung hält die Institutionen und Vereine der noch etwa 60 000 Sorben in der Ober- und Niederlausitz (20 000 in Brandenburg) am Leben. Anstatt sich gegen die Pläne zu verwahren, habe die Landesregierung "einseitig und in vorauseilendem Gehorsam" eine Kürzung der Landesmittel für die Stiftung um 330 000 Mark auf knapp fünf Millionen Mark beschlossen. Dies habe eine Sogwirkung auf den Bund und könnte, so Konzak, auch die sächsische Landesregierung beeinflussen, die 10,6 Millionen Mark zum Stiftungs-Budget von 32 Millionen Mark beisteuere. Die Folgen der Kürzungen wären für die Sorben "verheerend", so Konzak. Wahrscheinlich müssten das Wendische Museum in Cottbus und das Sorbische Nationalensemble Einrichtungen schließen beziehungsweise liquidieren. Betroffen sei auch das Deutsch-Sorbische Volkstheater, für das, blieben der Bund und Potsdam bei ihren Plänen, weniger Geld zur Verfügung stehen werde.

Stolpes Argument, dass Brandenburg allein aus taktischen Gründen seinen Anteil zurückdrehe, nannte Konzak merkwürdig. Die Bundesregierung werde so nicht unter Druck gesetzt, sondern in ihren Sparplänen noch bestärkt. Auch das Argument von Kulturminister Hackel, dass überall gespart werden müsse, sei nicht überzeugend. Die 330 000 Mark seien für die Landesregierung bei einem 19-Milliarden-Etat im Grunde nur Portogeld, während es für die Sorben um die Frage ihrer Identität gehe.

Konzak meinte in diesem Zusammenhang, dass bei maßgeblichen deutschen Politikern "Unklarheiten hinsichtlich der Existenzsorgen der Sorben" bestünden: Sie würden als Art Landsmannschaft mit speziellem Dialekt angesehen, die Traditionen wie das Osterei-Bemalen pflege. Tatsächlich spreche die nationale Minderheit der Sorben, die auf eine 1300-jährige Geschichte und Kultur zurückblicke, zwei eigenständige Sprachen: Die Revitalisierung der Sprache und des fast verschütteten nationalen Bewusstseins seien vordringliche Aufgaben, so Konzak. Derzeit bekämen zwar 2000 Schüler in Brandenburg Sorbisch-Unterricht, davon 500 am Sorbischen Gymnasium in Cottbus. Es fehlten aber 25 bis 30 sorbisch-sprachige Lehrer in den etwa 50 deutsch-sorbischen Kommunen in Brandenburg. Konzak plädierte auch für die Einrichtung eines kleinen Sorben-Lehrstuhls an der Universität Potsdam.

Konzak beklagte das "sehr schwach ausgebildete nationale Bewusstsein" der Sorben, von denen sich viele schämten, in der Öffentlichkeit sorbisch zu sprechen. Er schloss eine Parteigründung nicht aus, um Rechte besser durchsetzen zu können. Umgekehrt wisse man in den alten Bundesländern so gut wie nichts über die Sorben. Manche meinten wohl, dass es sich um zugewanderte Polen handele. Andere hielten sie für die Bewohner des Spreewaldes. Konzak: Auch um von diesem Image wegzukommen, dürfe die Förderung des Bundes und des Landes nicht gekürzt werden. Sie sei die Voraussetzung um die "Gleichheit gegenüber den Deutschen" im gemeinsamen Siedlungsgebiet zu erreichen.

Michael Mara

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