Brandenburg: SPD-Linke auf der Suche
Programmdebatte in Potsdam mit Wolfgang Thierse
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Potsdam - Er wisse ja, dass die Diskussionen um das neue Parteiprogramm keine Massen-Angelegenheit sei, meinte der Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Thierse, als sich am Donnerstagabend in Potsdam gerade mal zwei Dutzend Sozialdemokraten aus ganz Brandenburg zusammenfanden, um mit ihm zu debattieren.
Gekommen war immerhin ein Teil derer, die im SPD-Landesverband den linken Flügel vertreten, insbesondere Gewerkschafter und Jungsozialisten. Eingeladen hatte der Landtagsabgeordnete Jens Klocksin. Er sorgt bei der Fraktionsführung mit seinen Äußerungen und parlamentarischen Initiativen regelmäßig für Stirnrunzeln und gehört zu denen, die bei der Auseinandersetzung um die Streichung des Weihnachtsgeldes die Gefolgschaft verweigerten.
Deutlich wurde an dem Abend sehr schnell, dass auch in der Brandenburger SPD die Neuausrichtung der Partei bei manchem auf Skepsis und Ablehnung stößt. Sie macht sich insbesondere an dem von SPD-Chef Platzeck gerne verwendeten Begriff des „vorsorgenden Sozialstaates“ fest, der sich jetzt auch im Entwurf für ein neues Parteiprogramm findet. Thierse, selbst Mitglied der Programmkommission, hielt daraufhin den Hinweis für nötig, dass diese Idee vom frühzeitigen, präventiven staatlichen Eingreifen etwa bei Bildungsdefiziten gar nicht von Platzeck stamme. Aber nicht nur wegen den befürchteten weiteren Einschnitten an den derzeitigen sozialen Sicherungssystemen gab es Kritik. Insgesamt wird eine soziale Schieflage der Partei befürchtet. Unternehmen erhielten Steuergeschenke, obwohl dem Staat die Mittel zu einer besseren Unterstützung benachteiligter Gruppen fehlten. Eine Diskussionsteilnehmerin meinte, wenn die Partei von Gerechtigkeit spreche, müsse sie leider darauf verweisen, dass es in der DDR bei der Verteilung von Einkommen und Arbeit gerechter zugegangen sei. Und deutliche Kritik wurde auch an den sicherheitspolitischen Aussagen des Entwurfes geübt. Die Bekräftigung der transatlantischen Partnerschaft sei angesichts der Politik der USA unverständlich. Thierse sagte, die Einwände berücksichtigten zu wenig die Erfahrungen, die die SPD als Regierungspartei gemacht habe und forderte eine „an der Wirklichkeit orientierte“ Debatte. Schon jetzt seien beispielsweise die Zuschüsse zur Rente im Bundeshaushalt der größte Posten. Überzeugen konnte er damit offensichtlich nicht und der Beifall zum Abschied blieb höflich. Johann Legner
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