Brandenburg: SPD will Hauptschulen zu Ganztagsschulen ausbauen
Als Konsequenz aus dem Rütli-Schock werden in Berlin Investitionen angekündigt
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Berlin - Die Berliner SPD will den Ausbau der Hauptschulen zu Ganztagsschulen forcieren. Es sei „unumstritten“, dass hier investiert werden müsse, sagten gestern übereinstimmend Haushalts- und Bildungspolitiker der SPD-Fraktion dieser Zeitung. Dem Vernehmen nach sollen im Etat 2008/09 entsprechende Mittel eingeplant werden. Auch Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte sich unlängst im Abgeordnetenhaus dafür stark gemacht, nach den Grundschulen jetzt auch den Oberschulen zu einem Ganztagsangebot zu verhelfen. Bevor das Geld aber an Gymnasien oder Realschulen gehe, müssten „vorrangig“ die Hauptschulen ausgestattet werden“, fordert SPD-Haushaltspolitiker Karl-Heinz Nolte. Er sieht darin allerdings kein Allheilmittel für die Hauptschulen, sondern fordert zusätzlich die Zusammenlegung mit den Realschulen, um zu einer besseren Schülermischung zu kommen.
Ein Jahr nach dem Rütli-Schock ist die Suche nach Auswegen aus der Hauptschulmisere noch immer in vollem Gange. Siegfried Arnz, Hauptschulreferent in der Bildungsverwaltung und selbst zehn Jahre lang Hauptschulleiter, plädiert allerdings dafür, jenseits aller Strukturdebatten auch die Fortschritte zu sehen, die es inzwischen gibt: Die Mehrzahl der Hauptschulen mache mit im Berliner Netzwerk Hauptschulen, das Verbindungen zu inzwischen 50 Unternehmen schafft. Vergangenes Jahr sei es gelungen, von 300 beteiligten Schülern rund die Hälfte in eine Lehrausbildung zu vermitteln. Auch die anderen seien nicht in Warteschleifen gelandet, sondern in einer schulischen Ausbildung oder in einer Verbundausbildung, die zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung führen könne. Auch durch mehr Praxisbezug etwa dank der Schülerfirmen und durch die Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern der Jugendhilfe gebe es viele Fortschritte. „Wer diese Fortschritte nicht sieht und immer nur von Restschulen“ redet, diffamiert die Schüler und behindert die Entwicklung“, sagte Arnz. Positiv sei auch, dass die Hauptschulen sich nach der Rütli-Diskussion stärker vernetzt hätten, um von guten Beispielen zu lernen.
An den Hauptschulen selbst ist die Stimmung verhalten. Fast alle Hauptschulleiter hatten sich vor einem Jahr dafür ausgesprochen, ihre Schulform abzuschaffen – selbst so erfolgreiche Hauptschulrektoren wie der inzwischen zum Schulrat aufgestiegene Interimsleiter der Rütli-Schule, Helmut Hochschildt, sehen keine Zukunft für die Hauptschule angesichts der Negativauslese, die dort stattfindet.
Susanne Vieth-Entus
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