Brandenburg: SPD will sich für Sondierung Zeit nehmen
Die geschwächte Linke geht mit dem Wahlschock erstaunlich ruhig um – Ziel ist Rot-Rot II
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Potsdam - Die brandenburgische SPD geht die anstehenden Sondierungsgespräche mit CDU und Linke zur möglichen Bildung einer Koalition ohne Eile an. „Da muss man sich ausreichend Zeit füreinander nehmen“, sagte SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz am Mittwoch. Es gebe auch noch keine Tagesordnung. Allerdings werde es sicherlich um die „großen Themen aus den Wahlprogrammen“ wie Bildung, Energie und innere Sicherheit gehen – mit unterschiedlichen Schwerpunkten und ergebnisoffen.
Am heutigen Donnerstag beginnen die Sondierungsgespräche der SPD mit der Linken, am Freitag folgt eine Runde mit der CDU. Am 23. September wollen die Sozialdemokraten entscheiden, mit wem sie Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Bis Anfang November könnte nach Einschätzung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die neue Regierung stehen. Aus der Landtagswahl am vergangenen Sonntag war die SPD mit 31,9 Prozent der Stimmen als klarer Sieger hervorgegangen, vor CDU (23,0 Prozent) und Linkspartei (18,6 Prozent).
Im Bildungsbereich will die SPD 4000 neue Lehrer einstellen und mit 1000 zusätzlichen Erziehern den Betreuungsschlüssel der Kita-Gruppen verbessern. Ähnliches streben Linke und CDU an, nur lautet hier bei der Linken die Zielgröße 4400 neue Pädagogen, während die CDU die Investitionen in Bildung um 100 Millionen Euro aufstocken will. An der umstrittenen Polizeireform hat die regierende SPD bereits Abstriche gemacht und peilt jetzt 7800 statt nur noch 7000 Beamte wie zu Beginn an. Die Union will die Reform komplett stoppen, landesweit mindestens 8000 Polizisten halten und dauerhaft 100 zusätzliche Beamte in den Grenzregionen einsetzen.
Aus Sicht der Linken-Spitze in Brandenburg gibt es in der Partei keinen grundsätzlichen Widerstand gegen eine mögliche Fortsetzung der Koalition mit der SPD. „Das wird bei uns allein von Inhalten abhängen“, sagte Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige am Mittwoch in Schönefeld. Dort waren am Dienstag nach der Landtagswahl die neue Landtagsfraktion und der geschäftsführende Landesvorstand zu einer zweitägigen Klausursitzung zusammengekommen. Vor fünf Jahren hatte die Linke noch 27,2 Prozent geholt, 8,6 Prozentpunkte mehr als jetzt.
„Wir werden sehen, was wir für das Land herausholen können“, sagte Johlige mit Blick auf die Sondierung. Wichtige Punkte seien unter anderem gute Arbeit mit einem Mindestlohn von zehn Euro, Bildung sowie ein Investitionsprogramm für die Kommunen, das als Motor für das Schaffen von Arbeitsplätzen dienen könne. Man habe „ausführlich, nachdenklich und sachlich“ über den Wahlausgang debattiert. „Wir werden das auch noch mit der Partei diskutieren müssen.“ Jetzt sei erst einmal eine genaue Analyse nötig, ohne vorschnelle Schlüsse zu ziehen.
Von ihm sei am Wahlabend Spannung abgefallen, sagte Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in einem Interview mit der Berliner Morgenpost. „Für mich ist am Sonntag eine Epoche meines Lebens zu Ende gegangen.“ Weiter bemerkte der SPD-Politiker: „Bis zu dieser Landtagswahl habe ich noch ein Stück Verantwortung gespürt. Immerhin habe ich Dietmar Woidke mit meinem unfreiwilligen Rückzug im Sommer vorigen Jahres unvorbereitet ins kalte Wasser geworfen. (...) Jetzt habe ich gesehen, dass der Übergang geglückt ist.“
Zugleich hat sich Platzeck für eine offensive Auseinandersetzung mit der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) im Landtag ausgesprochen. Er zeigte sich enttäuscht über den Wahlkampf des AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland. Die Art und Weise, „wie er die Planung für die Unterbringung von Flüchtlingen kritisiert, ja instrumentalisiert hat, hätte ich ihm nicht zugetraut. Das nehme ich ihm übel“, sagte Platzeck. Gauland hatte kurz vor der Wahl die Pläne zur Unterbringung von Flüchtlingen in einer früheren Kaserne in Doberlug-Kirchhain öffentlich gemacht und der Regierung Geheimniskrämerei vorgeworfen. „Damit werden Ressentiments geschürt. Das kann man auch nicht damit entschuldigen, dass man alles sagen darf“, sagte Platzeck. dpa
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