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Brandenburg: Spuren führen ins Rotlichtmilieu

Polizei und Justiz gründen Sondereinheiten

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Berlin - Nach dem Anschlag auf den Hells Angels-Rockerboss André Sommer gibt es Hinweise auf mögliche Hintergründe der Tat: Es soll um Revierkämpfe im Rotlichtmilieu gehen. Nach PNN-Informationen sollte ein Bordell in der Auguststraße in Berlin-Mitte aus dem Umfeld des 47-Jährigen heraus eröffnet und dazu einen Antrag beim Bezirksamt gestellt werden. „Wir wissen, dass es um Rotlichtsachen und Revierstreitigkeiten geht“, sagte ein Beamter. „Wir gehen von einem Rockerbezug aus.“ Sommers Anwalt war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bekannt ist, dass einzelne Rocker in der Oranienburger Straße von säumigen Freiern den Lohn der Prostituierten eingetrieben haben. Rund um einschlägige Etablissements gab es mehrfach Konflikte mit anderen Banden und Zuhältern. Ein neues Bordell genau an dieser Stelle würde die Machtansprüche der Rocker in der Gegend zementieren. Unter der Ägide der Hells Angels sollen bereits einige Bordelle laufen. Eines in Hohenschönhausen in der Nähe von Sommers Kneipe, vor der er am Sonntag angeschossen worden war. Dieses Bordell sollte dem Vernehmen nach in die Auguststraße verlegt werden. Die Ermittler schließen aber auch eine interne Rockerfehde nicht aus, zumal die Szene nach Verboten, Übertritten von Bandidos zu den Rivalen, den Hells Angels, und Auflösungen in Bewegung geraten ist und Sommer an einer Neuformierung der Hells Angels gefeilt haben soll – er selbst war Chef der „Hells Angels Nomads“.

Sommer selbst wird weiter im Weddinger Virchow-Klinikum von Polizisten bewacht. Der 47-Jährige war am Sonntagmorgen gegen drei Uhr am Hintereingang seiner Kneipe „Germanenhof“ von einem ihm bekannten Mann angesprochen worden. Sommer soll nach ersten Erkenntnissen noch gefragt haben: „Was macht du hier?“ Dann wurde er durch mehrere Schüsse lebensgefährlich verletzt. Seither ringen die Ärzte auf der Intensivstation um sein Leben. Auch die Hells Angels haben Rocker zu Sommers Schutz nach Wedding zum Krankenhaus abgestellt. Mehrere Szenegrößen aus ganz Deutschland haben ihm die Aufwartung gemacht. Polizei aber auch Hells Angels befürchten, der unbekannte Schütze könnte versuchen, seine Tat zu vollenden. Nach den internen Ritualen gilt die Tat als klarer Tötungsversuch. Bei Warnungen werden Rocker verprügelt, an den Knien oder wie bei Sommer schon geschehen mit Messern verletzt.

Über Sommers Gesundheitszustand wissen Polizei und Staatsanwaltschaft nichts. Die Angehörigen haben die Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbunden. „Wir bekommen aber die herausoperierten Projektile.“ Eines soll am Dienstag noch in Sommers Rücken gesteckt haben.

Vom Täter fehlt jede Spur. Von den verschwiegenen Rockern erwarten die Ermittler keinerlei Aussagen. Justiz und Polizei ziehen jetzt auch aus Furcht vor Racheakten weitere Kräfte zusammen. Die Staatsanwaltschaft bildete eine Taskforce mit zehn Staatsanwälten für alle Fälle mit Bezug zur Rockerszene. Zugleich hat das Landeskriminalamt (LKA) Rockerexperten, Operativkräfte und Ermittler der Mordkommission in einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) vereint. Jetzt würden noch mehr Beamte auf die Rockerszene angesetzt.Alexander Fröhlich

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