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Unternehmen, die einmal von Spionage betroffen sind, klagen immer häufiger über Spionageversuche. Das Hauptproblem für die Brandenburger Wirtschaft ist aber Diebstahlkriminalität.

© dpa

IHK-Studie: Wirtschaftskriminalität in Brandenburg: Standortfaktor Sicherheit

Unternehmen in Brandenburg sehen Kriminalität als drängendstes Problem an und fordern eine stärkere Polizeipräsenz im Land. Immer seltener zeigen sie Straftaten an.

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Frankfurt (Oder) - Sie ist ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft: die Sicherheit – aber auch das Vertrauen in den Staat, diese Sicherheit auch gewähren zu können. Doch das Vertrauen der Brandenburger Unternehmen in die Sicherheitsbehörden sinkt offenbar immer mehr. Wenn sie Opfer von Straftaten werden, stellen sie immer seltener Strafanzeige. Das geht aus einer Umfrage unter knapp 1200 Firmen hervor, die die drei Industrie- und Handelskammern (IHK) am Montag in Frankfurt (Oder) vorstellten. Der Studie zufolge hatten die Befragten noch im Jahr 2004 etwa 42 Prozent der Betrugstaten bei der Polizei gemeldet. Im Jahr 2014 seien es nur noch rund 18 Prozent gewesen. Das ist mit Abstand ein neuer Tiefstwert in dem Zeitraum. Der Grund: Mehr Taten im Netz und immer perfideren Maschen der Täter.

Großteil der Taten bleibe im Dunkelfeld

Bei Einbrüchen wurde laut IHK im Jahr 2014 mit einer Anzeigequote von gut 60 Prozent ebenso einer der niedrigsten Werte der vergangenen Jahre erreicht. Ein ähnlicher Trend gilt demnach für Sachbeschädigung und Markenpiraterie. Die Zahlen sprächen dafür, „dass der staatlichen Wahrnehmung ein großer Teil der tatsächlichen Kriminalität verborgen bleibt“, stellten die Kammern heraus. Die Kriminalstatistik der Polizei sei in diesem Bereich unscharf. Ein Großteil der Taten bleibe im Dunkelfeld. Genau deshalb habe die IHK diese Umfrage gestartet, um die „Entwicklung der Kriminalität und die Belastung durch Straftaten annähernd realistisch“ abzubilden. Es ist laut IHK die größte und umfassendste Umfrage zu Wirtschaftskriminalität bundesweit.

Brisant an der Studie ist die Einschätzung der Unternehmen zu ihren drängendsten Problemen. Und da steht die Kriminalität ganz oben – noch vor Fachkräftemangel und Bürokratie. Alarmierend dürfte das auch für die Landesregierung sein. Denn für die Standortwahl ist die Sicherheit ein entscheidender Faktor – und der bemisst sich für die Unternehmen maßgeblich über die Kriminalitätsbelastung. Denn bei der Sicherheit entstehen den Firmen Kosten zum Schutz vor Kriminalität und bei der Schadensbeseitigung, die kaum zu kalkulieren sind. Nichts also, was die Unternehmen riskieren wollen. Allerdings gibt es auch regionale Unterschiede: Während die Firmen entlang der Grenze zu Polen und in der Peripherie abseits von Berlin die Kriminalität als drängendstes Problem sehen, sind die Unternehmen in Berlin, Potsdam und im Umland gelassener. Allerdings sind auch die Schadenssummen gestiegen. Die durchschnittliche Schadenssumme pro Einbruchsdiebstahl hat sich auf 10 000 Euro verdoppelt, ebenso bei Hackerangriffen auf 2000 Euro.

Unternehmen in Brandenburg rechnen nicht damit, dass Polizei helfen kann

Die Gründe, warum Taten nicht angezeigt wurden, waren nicht Bestandteil des Fragenkatalogs. „Mutmaßen können wir nur, dass zum einen das Thema Versicherung eine Rolle spielt. Ähnlich wie bei der Pkw-Versicherung erhöhen sich natürlich die Beiträge, wenn etwas passiert“, sagte Thomas Herrschelmann vom Arbeitskreis für Unternehmenssicherheit Brandenburg. „Und wenn mehrfach etwas passiert, fliegen Sie aus den Versicherungen heraus.“ Oft rechneten Unternehmen auch nicht damit, dass die Polizei ihnen helfen könne. „Die Motivation der Unternehmen sinkt, sich bei der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden zu melden, wenn die immer seltener Täter ermitteln“, sagte Herrschelmann.

Bei der Art der Delikte wird von den Unternehmen am häufigsten Diebstahl beklagt. 36 Prozent der befragten Firmen gaben an, davon betroffen gewesen zu sein. Ein Drittel der Unternehmen klagte über Vandalismus und Sachbeschädigung, knapp 30 Prozent über Einbruchsdiebstahl. In diesen Bereichen schwanken die Angaben im Vergleich zu den seit 2004 gemachten fünf Umfragen nur leicht. Am deutlichsten war der Anstieg bei Hackerangriffen und Internetkriminalität, hier stieg die Zahl der betroffenen Unternehmen von 16 auf knapp 22 Prozent. Von Betrug sind 26 Prozent der Unternehmen betroffen – das liegt nach Rückgängen auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Bei Wettbewerbsdelikten (13 Prozent) sowie Produkt- und Markenpiraterie (7 Prozent) liegen die Werte in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Bemerkenswert sind die Ergebnis bei der Spionage: Zwar waren nur wenige Unternehmen (3 Prozent) betroffen, davon hat sich jedoch die Zahl der Unternehmen, die bereits zuvor Ziel von Spionage waren, auf 80 Prozent verdoppelt. Am häufigsten klagen Unternehmen in den IHK-Bezirken Potsdam und Cottbus darüber.

Mehr Einbrüche im Osten Brandenburgs, in Potsdam und Umland eher Betrug

Aufschlussreich ist die Studie auch mit Blick auf die regionalen Unterschiede. Am stärksten betroffen von Diebstahl, Vandalismus und Einbrüchen betroffen sind Unternehmen in der Grenzregion entlang Oder und Neiße. Dagegen sind Unternehmen in Berlin, Potsdam und im Umland stärker von Betrug, Hackerangriffen sowie Produkt- und Markenpiraterie betroffen.

Die Unternehmen konnten sich in der Umfrage auch dazu äußern, wie ihnen der Staat am besten präventiv helfen kann in der Sicherheitspolitik – die meisten sind für mehr Polizeipräsenz. 76 Prozent der Befragten sprachen sich für mehr Polizeistreifen aus, 55 Prozent für eine Strafrechtverschärfung und knapp die Hälfe für mehr elektronische Überwachungsmaßnahmen.  


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