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Jubiläumsvergütungen: Stasi-Dienstzeit wird doch nicht finanziell belohnt

Rot-Rot zieht eine bekannt gewordene Regelung zurück. Minister Markov fühlt sich aber nicht verantwortlich.

Potsdam - Erneut ist das von Stasi-Enthüllungen getriebene rot-rote Bündnis in Brandenburg zum Krisenmanagement gezwungen: Nachdem jetzt noch publik wurde, dass seit kurzem bei Jubiläumsvergütungen von Landesbeamten sogar Dienstzeiten bei Staatssicherheit und DDR-Grenztruppen vor 1989 angerechnet werden, kündigten Innenminister Rainer Speer (SPD) und Finanzminister Helmut Markov (Linke) am Donnerstag eine Rücknahme der Praxis an. Zuvor hatte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) beide Minister aufgefordert, den „ungewollten Zustand zügig zu beenden.“ Wie es überhaupt dazu kommen konnte, sorgt weiter für Streit. Für Speer geht es auf eine Panne zurück, auf einen „politisch nicht gewollten Kollateralschaden.“ Markov machte Versäumnisse von Ex-Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bei der Novelle des Landesbeamtengesetzes im April 2009 verantwortlich. Das weist dieser strikt zurück und wird vom Innenministerium so auch nicht bestätigt.

Fest steht, dass das Finanzministerium am 22. Dezember 2009 ein Rundschreiben verschickte, wonach auch Stasi- und Grenztruppen–Dienstzeiten künftig bei der Anrechnung von 25-, 40- und 50-jährigen Dienstjubiläen von Beamten zu berücksichtigen sind. Sie erhalten einmalige Gratifikationen von 300 bis 500 Euro. Begünstigt sollen jährlich zwischen 100 bis 200 Landesdiener sein. Begründet wurde das mit Urteilen diverser Verwaltungsgerichte und einem nicht geänderten Bundesgesetz. Im gleichen Schreiben, das bei der Jamaika-Opposition Empörung und bei SED-Opferverbänden „blankes Entsetzen“ auslöste, heißt es aber: „Das Ministerium für Finanzen kann das Verfahren .... bei Jubiläumsvergütungen abweichend von den Bundesvorschriften durch Verwaltungsvorschrift regeln.“ Schönbohm sagte dazu dem Tagesspiegel: „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass man das so missbräuchlich entscheiden kann. Die Verantwortung trägt allein Markov“. Brandenburg mache sich zum Gespött Deutschlands. Zuvor hatte Markov auf einer Eil-Pressekonferenz erklärt, dass der Erlass eine zwingende Umsetzung des noch von der SPD/CDU-Koalition verabschiedeten Gesetzes sei. Er werde wohl jedes Schönbohm-Gesetz unter die Lupe nehmen müssen, „ob es Tretminen enthält, die man der rot-roten Regierung unter die Weste jubeln kann.“ Auf die Frage, ob der Erlass mit Wissen der Hausspitze ergangen sei, antwortete er: „Nein, aber ich trage dafür die politische Verantwortung.“ Nach Tagesspiegel-Informationen hatte Ex-Finanzstaatssekretär Rudolf Zeeb den brisanten Erlass noch unter Rot-Schwarz schon gestoppt und auf „Wiedervorlage“ gesetzt.

„Ein Tollhaus“, hieß es in der Jamaika-Opposition zum rot-roten Management. Die CDU verwies auf Thüringen und Sachsen, wo Belohnungen für Dienstzeiten bei Stasi und Grenztruppen selbstredend ausgeschlossen seien. Die Union der SED-Opferverbände forderte die Entlassung von Markov.

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