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Brandenburg: Stasi-Vorwürfe, CDU-Ausschluss, alte Rechnungen?

Parteigeneral Dombrowski will Unternehmer Steinbach ausschließen – der erhebt selbst Vorwürfe

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Potsdam - In der Potsdamer Filz-Affäre wird mit immer härteren Bandagen gefochten: Die brandenburgische CDU will den schillernden Unternehmensberater Thilo Steinbach, Vorstand bei Babelsberg 03 und in den dubiosen Krampnitz-Verkauf verwickelt, wegen seiner Stasi-Akte aus der Partei ausschließen. Aber nun erhebt Steinbach Vorwürfe gegen CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski, der sich am heutigen Freitag grünes Licht vom Landesvorstand für das Ausschlussverfahren holen will. „Für mich handelt es sich um einen persönlichen Racheakt“, sagte Steinbach. Grund sei wohl, dass er sich im Jahr 2003 in einem Vergabeverfahren des Wasserverbandes Lausitz (WAL) einem mit Verweis auf das gemeinsame Parteibuch geäußerten Ansinnen Dombrowskis verweigert habe, dessen Firma bei einem 200 000-Euro-Auftrag zu bevorzugen. Der Vorwurf ist brisant, weil die Union gegen Vergabe-Filz zu Felde zieht. Dombrowski weist Steinbachs Anschuldigungen strikt zurück.

Fest steht, dass Steinbach im Jahr 2003 als Unternehmensberater im Auftrag des Verbandes für die Ausschreibung und für die Bewertung der Angebote zuständig war. Eins der elf kam von der „Beratungsstelle für Kommunale Infrastruktur“ (BKI) mit Sitz in Werder, deren Geschäftsführer Dombrowski war. Es hatte keine Chance, erinnert sich WAL-Geschäftsführer Roland Socher. Es habe wegen der im Vergleich zu anderen „fehlenden Erfahrungen und Referenzen“ „nach der ersten Präsentation vor Ort keine Rolle mehr gespielt“. Für die BKI sei es „eine Nummer zu groß“ gewesen. In Ausschreibungsunterlagen des Verbandes steht zum BKI- Angebot etwa bei Referenzen: „Keine Unterlagen.“ In einer eidesstattlichen Erklärung versichert Steinbach nun, dass in einem Gespräch am Rande dieser Präsentation in Senftenberg der ihm aus „gemeinsamen CDU-Wahlkämpfen bekannte Dieter Dombrowski“ „mit Verweis auf unsere gemeinsame Parteizugehörigkeit“ gefragt habe, „ob ich nicht in der Lage wäre, sein Angebot aussichtsreich mit werten zu können“. Er habe dieses Ansinnen grundsätzlich abgelehnt. „Zugleich gab ich ihm unmissverständlich zu verstehen, dass sein Angebot das qualitativ mit Abstand schlechteste Angebot darstellte. Seit dieser Zeit herrscht von Seiten Dombrowskis mir gegenüber eine ausgesprochene Antipathie.“

Der CDU-Generalsekretär bestreitet alles strikt. „Das ist völlig ausgeschlossen.“ Er kenne Steinbach nicht, auch im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen zum WAL könne er sich nicht an ihn erinnern. „Ich weiß nicht einmal, wie er aussieht“, sagte Dombrowski, der eine Intrige vermutet, „wie das in diesen Kreisen üblich ist“. Es werde versucht, ihn unglaubwürdig zu machen. Solche Methoden kenne er aus seiner Stasi-Akte, so Dombrowski, der aus politischen Gründen im Stasi-Knast saß. Außerdem führt er an, dass Steinbach „erst seit 19. Juli 2008 Mitglied der CDU ist“, im Kreisverband Potsdam. Nach einer aktuellen Auskunft der Bundespartei werde eine „vorherige Mitgliedschaft bei der CDU nicht geführt“.

Die war in und außerhalb der Union bislang aber unstrittig. Steinbach, seit 1985 in der Ost- CDU. war 1990 außenpolitischer Berater des DDR-Regierungschefs Lothar de Maiziere (CDU), den er bei den Verhandlungen der „2-plus-4-Verträge“ begleitete, ehe er sich aus der Politik zurückzog und Karriere in der Wirtschaft machte.

Im Ausschlussverfahren gegen Steinbach will die Union darauf abstellen, dass eine Tätigkeit für die Staatssicherheit unvereinbar mit dem Statut der Partei ist und Steinbach Informationen an den Geheimdienst gegeben habe. Die Vorwürfe sind nicht neu. Steinbach hatte Gespräche mit der Stasi geführt, in denen er offen Kritik an den DDR-Verhältnissen übte. Einen Anwerbeversuch lehnte er ab, weil er „keinen ans Messer liefern“ wollte. Am Ende registrierte ihn die Stasi drei Monate als „IM Bernd“, ehe sie die Akte 1988 wieder schloss.

Er hat einen renommierten Fürsprecher. Der heutige Vorsitzende des Beirates der Stasi-Unterlagenbehörde, der Theologe und frühere brandenburgische Verfassungsrichter Richard Schröder, hat ihn in einer Erklärung entlastet: „Es ist keine typische IM-Akte. Es ist vom Inhalt nach die Akte von einem gescheiterten Anwerbungsversuch.“ Steinbach habe nicht über andere Personen berichten, keine Aufträge annehmen wollen. „Ich bleibe bei dieser Bewertung“, sagt Schröder. Für die Union bleibt unabhängig vom Ausschlussverfahren Steinbach als Schlüsselfigur in der Krampnitz-Affäre ein rotes Tuch. Zu diesen Vorwürfen will der sich erst im Untersuchungsausschuss äußern. Einen freiwilligen Parteiaustritt lehnt er ab. Er habe sich im Osten für Demokratisierung eingesetzt, für die Einheit engagiert. „Die CDU ist meine politische Heimat.“ Sätze, die für Brandenburgs CDU eine Provokation sind.

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