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Brandenburg: Stasibescheide doch offen für Enquete-Team

Potsdam - Die Enquete-Kommission des Landtages, die den Umgang mit der SED-Diktatur in der Stolpe-Ära untersucht, kann grundsätzlich Einblick in die die geheimnisumwitterten, jüngst ins Landesarchiv überführten Bescheide der ersten Stasi-Überprüfung des Brandenburger Landtages aus dem Jahr 1991 nehmen. Zu diesem brisanten Ergebnis kommt eine bislang unveröffentlichte Expertise des Parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag, die den PNN vorliegt.

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Potsdam - Die Enquete-Kommission des Landtages, die den Umgang mit der SED-Diktatur in der Stolpe-Ära untersucht, kann grundsätzlich Einblick in die die geheimnisumwitterten, jüngst ins Landesarchiv überführten Bescheide der ersten Stasi-Überprüfung des Brandenburger Landtages aus dem Jahr 1991 nehmen. Zu diesem brisanten Ergebnis kommt eine bislang unveröffentlichte Expertise des Parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag, die den PNN vorliegt. Danach „ermöglicht“ das Gesetz über die Enquete-Kommission eine Nutzung dieser Unterlagen der damaligen Ehrenkommission, so das Fazit des 17-Seiten-Gutachtens. Allerdings muss alles über den Tisch der rot-roten Landesregierung: Die müsse, so heißt es, eine „einzelfallbezogene Abwägung“ vornehmen, zwischen Geheimhaltungsinteressen der betroffenen (früheren) Abgeordneten und dem „Aufklärungs- und Informationsinteresse“ aus dem Enquete-Auftrag. Dies könne im „Einzelfall auch zur berechtigten Verweigerung der Aktenvorlage“ oder zu Auflagen zur Anonymisierung führen. In Betracht, so die Expertise, komme aber auch die Beauftragung externer Wissenschaftler mit der Erstellung eines Gutachtens.

Um die Stasi-Altbescheide der ersten Landtagsüberprüfung hatte es Anfang 2010 großen Wirbel gegeben, weil mit zwei Jahrzehnten Verzögerung Ungereimtheiten bekannt geworden waren. Die Stasi-Unterlagenbehörde hatte jetzt erstmals erklärt, dass 1991 siebzehn Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Verstrickungen unter den Parlamentariern geschickt wurden. Im Abschlussbericht der damaligen Kommission, besetzt mit kirchlichen Würdenträgern, war aber nur von 12 Bescheiden die Rede. Alle Bescheide lagerten seit 1991 in einem Panzerschrank im Landtagskeller. Das Präsidium beschloss im Februar 2010 mehrheitlich bei drei Enthaltungen aus der Opposition, dass die Bescheide ins Landeshauptarchiv überführt werden, wo sie unter bundesdeutsches Archivrecht fallen und verschlossen sind. Nach dem neuen Landtags-Gutachten hat nun zumindest die Enquete-Kommission – unter bestimmten Voraussetzungen – die Möglichkeit zur Einsicht. Auftrag der Kommission ist es unter anderem, die Stasi-Überprüfungspraxis im Land und in Kommunen nach 1990 zu untersuchen. Thorsten Metzner

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