
© Matthias Matern
Prozess gegen Ex-Finanzdezernent von Teltow-Fläming: Steuerhinterziehung: Das System Giesecke erneut vor Gericht
Die Aufarbeitung der Affäre um Ex-SPD-Landrat Peer Giesecke dauert schon seit fünf Jahren an. Nun wird seinem früheren Genossen und Ex-Finanzdezernenten von Teltow-Fläming der Prozess gemacht - wegen Steuerhinterziehung. Es geht um 8500 Euro.
Stand:
Potsdam/Luckenwalde - Erneut geht es vor Gericht um das System des früheren, wegen Korruption 2012 verurteilen Ex-Landrats von Teltow-Fläming, Peer Giesecke (SPD). Diesmal muss sich der frühere Finanzdezernent des Landkreises und damalige Parteigenosse von Giesecke verantworten.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat gegen Dieter A. Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben. Am kommenden Donnerstag muss sich der 60-Jährige vor dem Amtsgericht Potsdam verantworten. Er soll in den Jahren 2009 bis 2013 insgesamt knapp 7000 Euro an Einkommenssteuer hinterzogen und dies 2013 mit einer Summe von 1500 Euro versucht haben.
Tankkarte vom Landrat: Sprit auf Kosten des Landkreises
Dieter A. hat – wie er selbst einräumte – über Jahre mit einer Tankkarte des Landratsamtes die Spritrechnungen für seinen Privatwagen auf Kosten des Landkreises bezahlt. Bereits vor Jahren war im Zuge der Aufarbeitung der Giesecke-Affäre herausgekommen, dass der damalige Landrat dem Finanzdezernenten im Jahr 2007 die Tankkarte überreicht hatte. Doch ein Aktenvermerk oder eine schriftliche Vereinbarung zur Tankkarte und zum Umgang mit dem geldwerten Vorteil gab es nicht.
Als mit Gieseckes Abwahl Ende 2012 das ganze System aufgeflogen war, hatte A. in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt: „Die Überlassung erfolgte auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und mir.“ Mit den Tankkarten auch zur privaten Nutzung hätten die Lohnunterschiede zu anderen Dezernenten ausgeglichen werden sollen. Zum anderen hätte er sich verpflichtet, Dienstfahrten mit dem Privat-Pkw zu erledigen, aber keine weiteren Dienstreisekosten abzurechnen.
Ex-Landrat soll blechen: Teltow-Fläming fordert 12.000 Euro
Auch sonst ist bemerkenswert, dass die Aufarbeitung des Systems Giesecke auf fünf Jahre nach dessen Abwahl noch nicht abgeschlossen ist. Der Kreistag in Teltow-Fläming fordert nun offiziell von Ex-Landrat Giesecke 12000 Euro zurück. Das hat des Kommunalparlament bereits am Montagabend in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen. Trotz von mehreren SPD-Abgeordneten geäußerter Bedenken stimmte der Kreistag der Beschlussvorlage des Parlamentsvorsitzenden Gerhard Kalinka (Grüne) zu.
Demnach verlangt der Kreistag als Dienstvorgesetzter von Giesecke, der nach seiner Abwahl im Jahr 2012 wegen einer Korruptionsaffäre weiter Beamter ist, genau 12105 Euro und 63 Cent. Aus dem Beschluss geht hervor, dass es sich Giesecke – einst einer der bekanntesten, erfolgreichsten Landräte Brandenburgs, der Teltow-Fläming zur Boom-Region machte, in der Landes-SPD Gewicht hatte – auf Kosten des Landkreises gut gehen ließ. So zahlte er als kommunaler Wahlbeamter mit seiner Dienst-Kreditkarte auf Rechnung des Kreises für private Vergnügen.
Konzertkarten und Restaurantbesuche mit SPD-Genossen
Darunter sind etwa Karten für ein Elton-John-Konzert im Dezember 2008 für 457 Euro oder Software zur Fotobearbeitung für 389 Euro. Das alles waren rein „private Zwecke“, „ohne dass hierfür eine dienstliche Notwendigkeit bestand“, wie der Kreistag unter Berufung auf den rechtskräftigen und unwidersprochenen Strafbefehl des Amtsgerichts Potsdam aus dem Jahr 2012 und auf die Disziplinarverfügung des Innenministeriums feststellt.
Zwischen 2007 und 2011 bewirtete Giesecke in Restaurants 39-mal auf Kosten des Kreises seine Familienmitglieder, Freunde oder Parteigenossen, „ohne dass dies dienstlich veranlasst war“. Für die Restaurantbesuche auf Kosten des Landkreises kommen 3163 Euro zusammen.
Giesecke bewirtete 15 Landtagsabgeordnete auf Kreiskosten
Aufgelistet sind daneben mehrere Essen mit Genossen des SPD-Ortsvereins Zossen in Höhe von 681 Euro. Auch nach Sitzungen des SPD-Unterbezirks oder nach Unterbezirksparteitagen war Giesecke als Landrat freigiebig. Für Essen in illustrer Runde zahlte er aus dem Budget des Landratsamtes 788,95 Euro. Teilgenommen haben auch „15 Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion“, wie im Beschluss des Kreistags vermerkt ist.
Zudem soll Giesecke, so haben es Staatsanwaltschaft und Innenministerium festgestellt, aus der Kreiskasse 1250 Euro für eine private Trauerfeier und 3434 Euro für private Traueranzeigen gezahlt haben.
Mit 3411,66 Euro aus einem Fonds für die Beziehungen mit den polnischen Partnerlandkreis Gniezno schaffte Giesecke zwei Computer, Dutzende Paar Schuhe sowie Herren- und Damenshirts für die Produktionsschule Ludwigsfelde an. Deren Geschäftsführerin ist Gieseckes Ehefrau: Ria von Schrötter aus Zossen, für die SPD sitzt sie auch im Kreistag.
Trotz Verurteilung volle Ruhebezüge: 6846 Euro im Monat
Giesecke war 2012 wegen Untreue und Vorteilsannahme zu zehn Monaten Haft, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung, und zu einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt worden, weil er von einem regionalen Baulöwen Reisen und Bewirtungen angenommen und diesem im Gegenzug Vorteile beim Abriss eines denkmalgeschützten Gehöfts verschafft hatte, wo der Unternehmer einen Supermarkt errichten wollte. Die von Giesecke an den Landkreis gezahlte Strafsumme wurde mit Steuerschulden für Privatfahrten mit dem Dienstwagen verrechnet.
Dennoch muss Giesecke nicht darben. Seit seiner Abwahl durch den Kreistag 2012 zahlt Teltow-Fläming Giesecke 75 Prozent seiner Landratsbezüge – und das bis zum regulären Ende seiner Amtszeit im Dezember 2017. Aktuell stehen Giesecke monatliche Bezüge von 6846,51 Euro zu – auf Kosten des Steuerzahlers und ohne Gegenleistung. Danach bezieht er dann Ruhegehalt.
Als Landrat war er einer der bestbezahlten Landesbeamten
Schwere Einbußen musste er nicht hinnehmen, trotz der festgestellten Straftaten, trotz Verfehlungen und Amtsmissbrauch und obwohl er gegen seine Pflichten als Beamter verstoßen hat. Das Innenministerium verzichtete auf Disziplinarmaßnahmen. Ein Vergleich mit anderen ranghohen Landesbeamten zeigt, in welchen Sphären sich Giesecke bewegte.
Einem amtierenden Landrat in dem Landkreis stehen nach einer Wiederwahl – bei Giesecke im Jahr 2009 – Bezüge nach der Besoldungsstufe B7 zu. Das sind aktuell 9128,68 Euro. Selbst der Polizeipräsident des Landes oder Abteilungsleiter in den Ministerien sind zwei Stufen und knapp 1000 Euro darunter. Nur der Präsident des Landesrechnungshofes, Staatssekretäre und der Chef der Staatskanzlei beziehen höheren Sold, von Regierungsmitgliedern ganz abgesehen.
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