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Brandenburg: Stille Örtchen sind Mangelware

Kein stilles Örtchen in Sicht. Hat man doch eines gefunden, reicht das Kleingeld nicht. Oder das WC ist zu

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Rheinsberg/Cottbus/Beeskow - Der Gang zur Toilette ist ein menschliches Bedürfnis - die Befriedigung fällt in Brandenburg manchmal schwer. Davon kann auch die Mitarbeiterin des Berliner Reisveranstalters „Wörlitz Tourist“, Sigrid Gardew, ein Lied singen. Sie ist für Tagesfahrten zuständig und beschreibt die Toiletten-Situation vor allem für Reisegruppen als „Trauerspiel“.

Dass die Suche oft schwer sein kann, zeigt auch eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei Stadtverwaltungen. Mancherorts gibt es keine Hinweisschilder und nicht selten kann die Notdurft nur zu bestimmten Öffnungszeiten verrichtet werden.

„Die Senioren werden immer älter und fitter. Nur die Blase nicht“, weiß Sigrid Gardew. Entsprechend gefragt seien daher Toiletten: „Die sind für unsere Reisenden oft wichtiger als das Essen.“ Die Reiseleiter informierten sich vorher immer über die Bedingungen, erklärt Gardew.

Im vergangenen Jahr konnten die Veranstalter ihre Liste um einen Ort ergänzen: In Schwedt (Uckermark) herrscht seit 2010 wieder Erleichterung unter Gästen und Bewohnern. Nach fünf Jahren Pause betreibt die Stadt jetzt in Odernähe wieder eine Toilette, die täglich und gratis benutzt werden darf. Laut Stadtsprecherin Corina Müller war das alte WC wegen Vandalismus fünf Jahre gesperrt. Auch in Beeskow (Oder-Spree) gibt es nach jahrelanger Pächtersuche seit 2009 wieder eine saubere öffentliche Toilette. Der Pächter habe das Klo mit Hilfe der Stadt modernisiert. Die Notdurft kann allerdings nur Montag und Mittwoch von 9.00 bis 18.00 Uhr, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 8.00 bis 12.00 Uhr verrichtet werden.

Die rund 60 000 Einwohner zählende Stadt Frankfurt (Oder) betreibt zwei WC im Zentrum, die über Münzeinwurf zugänglich sind. Die Klos reichen nach Ansicht der Stadtverwaltung aus, da es ja in den Einkaufszentren, im Rathaus und am Bahnhof weitere öffentlich zugängliche Toiletten gebe. Man müsse bedenken, dass Toiletten für eine Stadt immer ein „Zuschussgeschäft“ sei, sagt eine Verwaltungsmitarbeiterin.

Dafür, dass sich Kommunen auf Privatunternehmen verlassen, zu den oft auch Gaststätten gehören, hat der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Brandenburg, Olaf Lücke, kein Verständnis.

Die Gastronomen könnten nicht Problemlöser für kommunale Aufgaben sein. Genügend Toiletten gehörten in einem kultivierten Land einfach dazu, sagt Lücke. Gern führt er als Beispiel Italien an, wo es selbst in Wäldern Hochglanztoiletten gebe – kostenlos. Moderne Klos hat auch Cottbus, bewirtschaftet von der Firma Wall, erklärte ein Sprecher. 24 Stunden täglich stehen sie für 50 Cent bereit. Es fehlen aber noch Wegweiser. In der Rosenstadt Forst/Lausitz ist der Gang auf die Toilette nur beschränkt möglich. Zwei sind kostenlos im Rosengarten nutzbar – zu den Parköffnungszeiten. Auch die WCs am Bahnhof und im Zentrum bleiben am späten Abend verschlossen. In Senftenberg gibt es eine Toilette, die rund um die Uhr geöffnet ist – für 50 Cent. In Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) sollten Spaziergänger am See im Winter nicht allzu viel trinken, denn die von einer Reederei betrieben Toilette an der Uferpromenade ist nur zur Bootssaison offen. Alternativen gibt es am Bahnhof oder für Schlossbesucher. Ab Ende des Jahres soll es laut einer Verwaltungsmitarbeiterin aber auch an der neuen Touristeninformation ein WC geben – das ganze Jahr über offen.

Weil die Kapazitäten der meisten Toiletten für Reisegruppen immer noch nicht reichten und die Bustoiletten nur für den Notfall gedacht seien, helfe oft nur eine Absprache mit Gastronomen, sagt Sigrid Gardew. „Wir fragen in Gaststätten, in denen wir später essen wollen, ob wir schon morgens nach der Ankunft die Toiletten nutzen dürfen.“ Anja Sokolow

Anja Sokolow

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