Von Thorsten Metzner: Stock: „Deutliche Fortschritte“
Umweltverbände zur Energiepolitik: Auch neue Tagebaue an den Erfolg von CCS koppeln
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Potsdam – Die rot-roten Pläne für die mittelfristige Energiegewinnung im Land Brandenburg sorgen weiterhin für Debatten. In einem PNN-Gespräch bescheinigte der renommierte Potsdamer Klimaforscher Manfred Stock der neuen SPD/Linke-Koalition in der Energie- und Klimapolitik „deutliche Fortschritte“ gegenüber der bisherigen SPD/CDU-Regierungspolitik. „Das entspricht dem, was unser Institut dem Kabinett geraten hat. Das geht in die richtige Richtung“, sagte Stock, der den „Nachhaltigkeitsbeirat“ Brandenburgs leitete. Dieses von der Regierung selbst einberufene Expertengremium aus Wissenschaftlern hatte in seinem Abschlussbericht neben Kurskorrekturen in der Forst- und Wasserpolitik auch ein Umdenken in der Energiepolitik des Landes gemahnt. Die war nach Ansicht der Experten unter der bisherigen SPD/CDU-Regierung und dem Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) zu einseitig auf den Erfolg der noch unerforschten, unwägbaren CCS-Technologie ausgerichtet, mit der die Braunkohleverstromung durch Abscheidung und unterirdische Endlagerung des klimaschädlichen Kohlendioxids klimafreundlicher werden soll. „Jetzt macht man sich Gedanken über Alternativen. Man entwickelt eine Rückfallposition“, sagte Stock nun in Bezug auf die Passagen des künftigen Koalitionsvertrages. Danach sollen in Brandenburg alternative Energien noch stärker als bisher gefördert und der Konzern Vattenfall über öffentlich-rechtliche Verträge dazu verpflichtet werden, den Kohlendioxidausstoß bestehender und neuer Kraftwerke entsprechend der Klimaschutzziele zu senken. Neue Braunkohle-Kraftwerke sollen nur unter dieser Bedingung genehmigt werden.
Einen Totalverzicht bereits auf die Erforschung CCS-Technologie, die wegen ungeklärter Risiken und der in der Bevölkerung hoch umstrittenen unterirdischen Endlagerung für Ängste sorgt, lehnt Stock ab. Zwar könne Brandenburg allein ohne diese Technologie und damit ohne Braunkohle seinen Energiebedarf decken. „Das Problem ist, dass die weltweite Klimaentwicklung viel dramatischer abläuft – und im globalen Maßstab jede Möglichkeit genutzt werden muss, auch CCS.“ Diese Technologie nicht einmal zu erforschen, wie es von den Linke-Bundestagsabgeordneten Dagmar Enkelmann und Wolfgang Nescovic vertreten wird, hält Stock daher für „kurzsichtig“, im globalen Maßstab auch für egoistisch.
Ein Abrücken der rot-roten Koalition von der bisherigen Energiepolitik sehen auch die Umweltverbände Brandenburgs BUND und Naturschutzbund. „Die Festlegungen wären in einer SPD-CDU-Koalition nicht möglich gewesen“, sagte BUND-Geschäftsführer Axel Kruschat. Trotzdem fordern beide Verbände Nachbesserungen von der neuen Landesregierung, noch verbindlicher Regelungen. Es reiche nicht aus, die Genehmigung neuer Kraftwerke an den Erfolg von CCS zu koppeln, dies müsse auch für die Genehmigung neuer Tagebaue gelten. Alte CO2-intensive Kraftwerke könnten sonst, so Kruschat, auch potenziell mit neuen Tagebauen versorgt werden, ohne dass die Landesregierung dagegen etwas ausrichten kann. Mit der neuen Regierungskonstellation bestehe aber wenigstens die „Chance auf ein Umdenken.“
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