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Manfred Stolpe.

© Manfred Thomas

PNN-EXKLUSIV: Stolpe warnt vor ständigen Stasi-Debatten

Brandenburgs Ex-Ministerpräsident warnt im PNN-Interview vor einer Verengung der DDR-Debatten auf die Stasi, räumt Fehler in der eigenen Förderpolitik ein und rät seiner Partei zu Ehrlichkeit.

Stand:

Potsdam – Brandenburgs Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hat in der aktuellen Diskussion um ehemalige Mitarbeiter und Informanten des DDR-Geheimdienstes MfS im Landesdienst vor einer Verengung der Diskussion gewarnt: „Die reine Fokussierung auf die Stasi bis heute halte ich für einen großen Fehler“, sagte er im PNN-Interview: „Die wichtigen Entscheidungen“, so Stolpe über die DDR, „fielen immer in der Parteizentrale, im SED-Politbüro.“ Stolpe, zu DDR-Zeiten Konsistorialpräsident der evangelischen Kirche, räumte ein, die Dimension der Stasibelastung unter Landesdienern, die aus dem DDR-Dienst übernommen wurden, unterschätzt zu haben: „Ich dachte, dass das nach fünf, sechs Jahren erledigt ist, dass es kaum noch größere, ernste Fälle gibt. Das war ein Irrtum“, so Stolpe, der an diesem Montag in Potsdam von der SPD mit einem Festakt zu seinem 75. Geburtstag geehrt werden soll. Stolpe, einst selbst im Verdacht, als Inoffizieller Mitarbeiter „Sekretär“ der Stasi berichtet zu haben, warnte, man müsse „auch im Blick haben, wie ständige Stasi-Debatten in der Bevölkerung wirken können. Am Ende kann das dazu führen, dass im Westen platte Vorurteile, DDR gleich Stasi, erhärtet werden, und im Osten sich Abwehrhaltungen verfestigen.“

DAS GESAMTE INTERVIEW FINDEN SIE IN DER MONTAGSAUSGABE DER POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN

Zu seiner eigenen Amtszeit äußerte sich Stolpe auch kritisch. "Die Konzentration auf Arbeit, Arbeit, Arbeit für die Leute", so Stolpe, "war grundsätzlich richtig." Er habe aber "eins unterschätzt und damals geglaubt: Wenn man in schwierigen, äußeren Regionen des Landes Fabriken und Infrastruktur mit höheren Sätzen fördert, dann wird das schon greifen. Ich musste lernen, dass man keine Politik gegen den Markt machen kann."

Trotz der in seiner Amtszeit gescheiterten Länderfusion mit Berlin zeigte sich Stolpe, optimistisch: "Es wird Berlin-Brandenburg geben."

Seiner eigenen Partei riet der einstige Bundesverkehrsminister, zu mehr Ehrlichkeit angesichts der letzten Wahlergebnisse in [Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: "Ein Sieg ist immer relativ, der kann schon darin bestehen, dass der Gegner fast vom Pferd gefallen ist und man selbst in den Seilen hängt. Die SPD hat in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Ziele erreicht, kann aber nicht zufrieden sein. Die Partei muss wieder Profil gewinnen." Er riet der Partei zu einem klaren Kurs, "dass man klar sagt, was nötig ist und darauf vertraut, dass die große Mehrheit der Wähler keinen Illusionen nachjagt. Die will verlässliche Politik, selbst wenn manches schwer und unpopulär ist."

Mit dem Ex-Bundesbanker und einstigem Berliner Finanzsenator sei die Partei falsch verfahren, so Stolpe. "Selbst wenn es Stunden, ja Tage gedauert hätte: Man hätte vorher intensiv versuchen müssen, sich mit diesem Egozentriker zu einigen, damit er selbst aussteigt, weil die Partei das sonst nicht aushält. Alles was jetzt läuft, nutzt er nur für seine Popularität, für den Absatz seines Buches."PNN

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