
© Matthias Matern
KORRUPTION: Strafbefehl gegen Giesecke
Die Staatsanwaltschaft sieht genug Beweise für eine Verurteilung wegen Korruption. Der Teltow-Fläming-Landrat wohl auch. Ein Problem für die SPD.
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Potsdam - Für Peer Giesecke könnte es das Ende seiner politischen Karriere bedeuten. Der Landrat von Teltow-Fläming, Peer Giesecke (SPD), hat im Korruptionsverfahren der Staatsanwaltschaft Neuruppin einem Strafbefehl zugestimmt, um einen langwierigen Prozess zu verhindern. Es habe sich ein „hinreichender Tatverdacht wegen Vorteilsannahme und Untreue ergeben“, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Demnach soll gegen Giesecke, seit zwei Jahrzehnten im Amt und einer der dienstältesten Landräte in Brandenburg, eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt werden, die zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt wird. Zudem soll Giesecke 8000 Euro Geldbuße zahlen. Endgültig muss das Amtsgericht Potsdam dies bestätigen.
Damit ist der Fall Giesecke auch ein Fall für die SPD, wo er lange als Hoffnungsträger und Macher galt, 2006 aber aus der engeren Führungsspitze um Landesparteichef Matthias Platzeck flog. Nun hält die SPD am 22. September ausgerechnet in der Kreisstadt von Teltow-Fläming, in Luckenwalde ihren Landesparteitag ab. Der Unterbezirksvorstand der SPD hat zwar bereits im Vorfeld beraten. Dem Vernehmen nach ist ein vorbestrafter Giesecke aus Sicht der Genossen nur noch schwer im Amt zu halten – vor allem wegen der vereinbarten Haftstrafe. Obendrein kommt die Feststellung der Staatsanwaltschaft bei der Strafzumessung, dass bei Giesecke die Untreue unter „Missbrauch der Amtsträgereigenschaft“ begangen hat. Auf einer Krisensitzung in der nächsten Woche will der SPD-Unterbezirksvorstand sein weiteres Vorgehen abstimmen.
Im Innenministerium läuft noch ein Disziplinarverfahren. Sobald der Strafbefehl vorliegt, werde dieser geprüft. Der Beamtenverhältnis erlischt erst ab einer Haftstrafe von einem Jahr. Der Landrat selbst will sich erst zu Beginn der nächsten Woche dazu äußern. Die CDU in Teltow-Fläming forderte von Giesecke in der nächsten Sitzung des Kreistages am 10. September eine Erklärung zu dem Strafverfahren. Die Kreiskoalition aus SPD, Linken, Grünen, FDP und Bauernverband müssen nun „politisch und moralisch“ entscheiden, ob Giesecke Landrat bleiben und hoheitliche Befugnisse ausüben könne, sagte CDU-Kreischef Danny Eichelbaum.
Zwei Jahre lang hatte die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin ermittelt. Nach den Erkenntnissen der Ermittler soll Giesicke sich gemeinsam mit anderen kommunalen Politikern und gegen den Rat aller Fachleute und des Denkmalschutzes für den Abriss eines alten, geschützten Bauerngehöfts in Großbeeren eingesetzt haben, damit ein regionaler Baulöwe dort einen Supermarkt errichten konnte. Dafür soll Giesecke auf die Finca des Unternehmens auf Mallorca eingeladen worden sein, laut Staatsanwaltschaft geht es um eine eine „Zuwendung in Form einer anteiligen Kostenübernahme für eine Kurzreise im Wert von 800 Euro“. Daneben soll er von 2008 bis 2011 aus seinem Verfügungsfonds für gemeinnützige Zwecke 9000 Euro abgezweigt haben, um eine teure Kamera, nicht dienstlich veranlasste Bewirtungen und Zuschüsse an eine soziale Einrichtung zu bezahlen, die laut Staatsanwaltschaft von Personen aus seinem Privatumfeld geführt wird.
Gegen den Unternehmer, der die teuren Restaurantbesuche zahlte, stehen die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss. Er hatte mehreren Politikern teure Essen spendiert. Das Verfahren gegen den Bürgermeister von Großbeeren (Teltow-Fläming), Carl Ahlgrimm (parteilos), wurde gegen Zahlung einer Geldbuße in vierstelliger Höhe eingestellt, ebenso das gegen den amtierenden Rathauschef von Ludwigsfelde und SPD-Unterbezirkschef Frank Gerhard (SPD) gegen 2000 Euro Geldbuße. Auch gegen Ex-Bürgermeister Heinrich Scholl (SPD) liegt eine Anklage vor. Doch dieser steht ab Oktober zunächst wegen Mordes an seiner Frau vor Gericht. Alexander Fröhlich
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