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Jenny Armbruster, bisher Behindertenbeauftragte Brandenburgs

© Thorsten Metzner

Streit mit Brandenburger BSW-naher Ministerin: Beauftragte für Behinderte kann wohl weitermachen

Sozialministerin Britta Müller wollte, dass Janny Armbruster aufhört. Diese zog vor Gericht – wo es in der Verhandlung eine Überraschung gab.

Stand:

Paukenschlag im Potsdamer Arbeitsgericht. Brandenburgs bisherige Behindertenbeauftragte Janny Armbruster könnte wahrscheinlich doch in einer zweiten Amtszeit weiter machen. Und zwar gegen den bisherigen Willen von Sozialministerin Britta Müller (parteilos), die sich im Kopf-an-Kopf-Finale des Besetzungsverfahrens für einen anderen Bewerber entschieden hatte - und gegen Armbruster, die ein Grünen-Parteibuch hat und gegen die Entscheidung klagte. Erst im Gerichtssaal wurde bekannt, dass Müllers Favorit abgesprungen ist.

Der oder die Landesbehindertenbeauftragte, angesiedelt im Gesundheits- und Sozialministerium, unabhängig, soll die Interessen von Menschen mit festgestellten Behinderungen im Land vertreten. Das ist keine Minderheit. Das sind nach amtlichen Angaben 500.000 Menschen, darunter 268.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung. „Das bedeutet 10,6 Prozent der brandenburgischen Bevölkerung ist schwerbehindert“, heißt es im letzte Tätigkeitsbericht.

In der Landesverwaltung geht es dabei um einen mit rund 7700 Euro gut dotierten Posten, der immer für eine Wahlperiode besetzt wird. Armbruster hatte ihn seit 2020 inne und sich wieder beworben. Es gab 22 Bewerberinnen und Bewerber.

In der finalen Auswahlrunde war nur noch ein weiterer Bewerber im Rennen, dem Müller den Vorzug gab, wogegen Armbruster nun klagte. In der Verhandlung am Mittwoch, mit der die Beauftragte eine einstweilige Verfügung durchsetzen wollte, kam es zur Überraschung. Ministeriums-Justitiarin Jana Bölling sagte: „Der ausgewählte Bewerber hat seine Bewerbung zurückgezogen. Er wird nicht ernannt werden.“ Wie Ministerin Müller, die das persönliche Vorschlagsrecht habe, nun weiter zu verfahren gedenke, wisse sie nicht. „Es ist uns bisher nicht gelungen, mit der Ministerin Rücksprache zu halten“, sagte Bölling.

Der Vorsitzende Richter Jan Leege reagierte mit „Erstaunen“ auf diese Wendung. Dass Armbruster die Zweitplatzierte war, geht aus den Schriftsätzen des Verfahrens hervor. Für Leege ist klar, dass damit „das Amt mit dem Nächstplatzierten besetzt wird“, wie er sagte. „Das Verfahren kann nach einem Rückzug nicht einfach abgebrochen werden.“

Ich übe das Amt gern aus.

Janny Armbruster, Behindertenbeauftragte

„Ich gehe davon aus, dass man mir nun ein Angebot macht“, sagte Armbruster dem Tagesspiegel. „Ich übe das Amt gern aus.“ Die Klageverfahren gegen das Land hätten sich damit erledigt. Und ihr Anwalt Klaus Stähle sagte: „Mit dem Rückzug ist der Weg für Frau Armbruster frei. Die Ministerin hat keine andere Wahl.“

Pikant daran ist, dass das Arbeitsgericht laut Leege an der Entscheidung, dem Mitbewerber den Vorzug vor Armbruster zu geben, nichts auszusetzen gehabt hatte. Der Auswahlvermerk sei nicht zu beanstanden, hieß es. Und das Amt sei ja „kein Erbhof“, so der Richter. In der Klage hatte Armbruster, die selbst eine schwere Behinderung hat, argumentiert, dass das Entscheidung „subjektiv“ und nicht nach den harten Auswahlkriterien erfolgt sei. Armbruster selbst hatte, wie sie noch am Morgen deutlich machte, eine andere Vermutung, warum sie es nicht werden sollte. „Das hat sicher etwas mit meinem Parteibuch zu tun.“

Es ist eins der BSW-Ministerin in der SPD/BSW-Landesregierung. Und Armbruster ist Mitglied der Grünen, sie war viele Jahre in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung und trat für die Partei bei der letzten Oberbürgermeisterwahl 2018 in der Landeshauptstadt an. Beruflich war sie seit 2011 Referentin für Fundraising und Alumni der Universität Potsdam, seit 2017 dort auch ehrenamtliche Vertrauensfrau für Schwerbehinderte.

2020 hatte sie sich im damaligen Bewerbungsverfahren durchgesetzt. Das Haus war damals von der Grünen-Ministerin Ursula Nonnemacher geführt, die an der Besetzung selbst nicht mitwirkte, vom Zuschlag für eine Grüne wenig begeistert gewesen sein soll. „Ich bin es damals trotz meines Parteibuchs geworden“, sagt Armbruster. „Ich habe in den fünf Jahren unter Beweis gestellt, dass ich das Amt unabhängig ausgeübt habe.“ Das kann sie nun weiter beweisen. Vielleicht.

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