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Brandenburg: Streit um „Wahlgeschenke“ CDU–Landeschef Schönbohm kritisiert SPD wegen Übergabe von Förderbescheiden. Meinungsforscher erwarten Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Kommunalwahlen

Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Vor der Kommunalwahl in Brandenburg wachsen die Spannungen in der Großen Koalition.

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Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Vor der Kommunalwahl in Brandenburg wachsen die Spannungen in der Großen Koalition. CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm warf der SPD vor, Wahlgeschenke zu verteilen. Es sei auffällig, dass den Kommunen unmittelbar vor dem Wahltag von sozialdemokratischen Ministern massenhaft so genannte Förderbescheide bei offiziellen Terminen übergeben würden. Teilweise lägen diese Bescheide schon seit längerem in den Kommunen vor. Diese Praxis widerspreche seinem Demokratie- und Staatsverständnis, so Schönbohm, „Die Gelder haben die Bürger über ihre Steuer bezahlt.“ Auffällig sei auch, dass er als Vize-Ministerpräsident nie gebeten worden sei, Förderbescheide zu überreichen. Überschattet werde der Wahlkampf auch durch einige sozialdemokratische Landräte, die massiv Wahlpropaganda für die SPD machten. Diese Politisierung des Amtes streife die Grenze des Zulässigen. Schönbohm sprach sich erneut dafür aus, die Landräte – wie schon bei den Oberbürgermeistern der Fall – künftig direkt, also durch die Bürger und nicht die Kreisparlamente, zu wählen. Die SPD, die 13 der 14 Landräte stellt, lehnt das bisher ab. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“, konterte SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Der Innenminister sei selbst „wochenlang durchs Land getourt um Wahlkampf zu machen“. PDS-Fraktionschef Lothar Bisky sagte: „Die CDU-Minister sind da keinen Deut besser.“ Die feierlichen Fördermittel-Übergaben erinnerten an preußische Zeiten. Es wäre fair, wenn Regierungsmitglieder 12 Wochen vor Wahlen auf diese Praxis verzichteten. Auch Schönbohm sprach sich dafür aus, zwei Monate vor Wahlen Fördermittelbescheide nicht öffentlich zu vergeben. Offensichtlich steige nach den jüngsten Meinungsumfragen die Nervosität bei den Christdemokraten, so SPD-Geschäftsführer Ness. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest hatte vor einigen Tagen 1000 ausgewählten Brandenburgern die „Sonntagsfrage“ gestellt. Danach bekäme, würde jetzt ein neuer Landtag gewählt, die SPD 34 und die CDU 32 Prozent der Stimmen. Gegenüber der letzten Umfrage im Juni gewann die SPD zwei Prozent hinzu. Die PDS müsste sich mit 19 Prozent begnügen, die FDP zöge mit sechs Prozent wieder in den Landtag ein. Nach dem Stimmverhalten bei der Kommunalwahl wurde allerdings nicht gefragt, so dass Rückschlüsse schwierig sind. Dennoch wird von einem Kopf-an-Kopf-Rennen von SPD und CDU ausgegangen. Schönbohm meinte, wenn sich die Ergebnisse bei der Kommunalwahl bestätigten, „haben wir unser Wahlziel 30 plus X erreicht.“ Gegenüber der letzten Kommunalwahl 1998 wäre das ein Plus von rund zehn Prozent. Damals hatte die SPD knapp 40 Prozent der Stimmen bekommen, die PDS 21,6 und die CDU nur 21,4 Prozent Er gehe in jedem Fall davon aus, so Schönbohm, dass die CDU am Sonntag „mit weitem Abstand“ vor der PDS zweitstärkste politische Kraft im Land werde, in einigen Regionen im Süden des Landes und vielleicht auch in Frankfurt (Oder) sogar stärkste. Dies wäre eine gute Ausgangsposition für die Landtagswahl. Sorgen bereite ihm, dass viele Bürger nicht zur Wahl gehen wollten, weil sich „ja doch nichts ändert“. PDS und CDU würden zwar von einer geringen Wahlbeteiligung profitieren, die Demokratie jedoch darunter leiden. Auch SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck ruft die Brandenburger dazu auf, sich an den Wahlen zu beteiligen. 1998 lag die Wahlbeteiligung bei 78 Prozent, weil parallel der Bundestag gewählt wurde.

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