Brandenburg: Studie: Land wird Klimaschutzziele nicht erreichen Experten verweisen auf Bedeutung der Braunkohle und empfehlen indirekt einen Kraftwerksneubau
Potsdam - Die Landesregierung steht in der Energiepolitik vor der Entscheidung, entweder ihre bisherigen Klimaschutzziele weitgehend aufzugeben oder die Stromerzeugung in der Lausitz deutlich einzuschränken. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Studie im Auftrag des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums, die als Grundlage für die überfällige Neuformulierung der Energiestrategie des Landes dient.
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Potsdam - Die Landesregierung steht in der Energiepolitik vor der Entscheidung, entweder ihre bisherigen Klimaschutzziele weitgehend aufzugeben oder die Stromerzeugung in der Lausitz deutlich einzuschränken. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Studie im Auftrag des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums, die als Grundlage für die überfällige Neuformulierung der Energiestrategie des Landes dient. Erstellt wurde die 131 Seiten umfassende Studie mit dem Titel „Grundlagen 2030 für die Energiestrategie des Landes Brandenburg“ von der Berliner Beratungsfirmen A.T. Kearney und DI Consulting.
Laut dem Gutachten, das den PNN vorliegt, kommen die Berliner Analysten zu dem Schluss, dass die 2008 noch unter der alten schwarz-roten Landesregierung in der „Energiestrategie 2020 Brandenburg“ festgelegten Ziele zur Reduzierung des gesamten CO2-Ausstoßes auf knapp 23 Millionen Tonnen im Jahr 2030 in jedem Falle verfehlt werden. Im besten Falle läge die Summe des allein durch die Stromerzeugung verursachten Kohlendioxid-Ausstoßes bei etwa 26,5 Millionen Tonnen. Notwendig dafür wären allerdings die Stilllegung des bisherigen Vattenfall-Kraftwerksstandortes Jänschwalde (Spree-Neiße) und damit der Verzicht auf einen Kraftwerksneubau, heißt es in der Studie. Bei einem Weiterbetrieb von Jänschwalde jedoch wären Zusatzemissionen von etwa 13 Millionen Tonnen zu erwarten. Der eigentlich vom schwedischen Staatskonzern geplanten Abscheidung und unterirdischen Speicherung von CO2 , die dann die durch Jänschwalde hervorgerufenen Zusatzemissionen auf knapp 2 Millionen Tonnen senken könnte, wird auch in der Studie keine große Realisierungschance mehr eingeräumt.
Allerdings legt das Papier der Landesregierung eine Politik nahe, die die Klimaschutzinteressen weitgehend vernachlässigt. Begründet wird dies von den Berliner Beratern unter anderem durch das angeblich mit dem Atomausstieg gewachsene Interesse an Braunkohlestrom. Bei der „politischen Abwägung“ müsse auch berücksichtigt werden, dass die Braunkohle „regional- und strukturpolitisch ein wichtiger Faktor in der Lausitz“ sei. Die Kernfrage sei, „inwieweit das Land Brandenburg Energieexporteur bleiben will und muss, um einen Beitrag für die Versorgungssicherheit im nationalen Kontext zu leisten und weiterhin einen hohen Anteil an Wertschöpfung aus der Energieerzeugung in Brandenburg zu halten.“
Diese indirekte Empfehlung zum Neubau eines Braunkohlekraftwerkes in Jänschwalde würde allerdings eine klare Absage an die alte Zielvorstellung beinhalten. Denn 2008 hieß es noch, dass die Landesregierung das politische Ziel verfolge, keine neuen Braunkohlekraftwerke genehmigen zu wollen, wenn das CO2-Abscheide-Verfahren CCS (Carbon, Capture and Storage) rechtlich oder technologisch nicht machbar sei.
Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) steht demnach vor der Entscheidung, in der Klimaschutzpolitik weit hinter die Vorstellungen seines CDU-Vorgängers Ulrich Junghanns zurück zu fallen. Und er würde, sollte er der Empfehlung der Studie folgen, auch die in der Bevölkerung höchst umstrittene Erschließung neuer Tagebaue befürworten und damit auch gegen alle einschlägigen Beschlüsse seiner Partei verstoßen. In der Studie wird die Kontroverse um neue Tagebaue allerdings an keiner Stelle erwähnt.
Christoffers Sprecher, Steffen Streu, versicherte am Freitag indes, noch habe der Entwurf der neuen Strategie das Ministerium nicht verlassen. Berücksichtigt würden bei deren Erarbeitung auch zwei weitere Gutachten, die vor allem die volkswirtschaftlichen Aspekte der möglichen Szenarien zu ergründen versuchen. Vor Ende dieses Jahres werde es keine Festlegungen geben, meinte Streu.
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