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Brandenburg: Studie: Leben ohne Arbeit macht krank Jobvermittler empfehlen Sport und Bewegung

Berlin/Brandenburg - Mit seiner Aktion Schrittzähler für Langzeitarbeitslose macht das Jobcenter in der Stadt Brandenburg an der Havel derzeit Schlagzeilen. Wie berichtet will die dortige Behörde Hartz-IV-Empfänger auf freiwilliger Basis zu Fitness motivieren.

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Berlin/Brandenburg - Mit seiner Aktion Schrittzähler für Langzeitarbeitslose macht das Jobcenter in der Stadt Brandenburg an der Havel derzeit Schlagzeilen. Wie berichtet will die dortige Behörde Hartz-IV-Empfänger auf freiwilliger Basis zu Fitness motivieren. Kritiker sprechen allerdings davon, dass den Arbeitslosen wohl Beine gemacht werden sollen. „Schrittzähler“ gibt es in Berliner Jobcentern zwar nicht, aber auch hier kümmern sich Arbeitsvermittler durchaus um sportliche Angebote für Langzeitarbeitslose. Zurück geht dies auf die Initiative des Bundesarbeitsministeriums „Gesund (zurück) ins Berufsleben – mit Perspektive 50plus“. Diese hat die Gesundheitsförderung von älteren Langzeitarbeitslosen im Blick, damit diese „körperlich und geistig fit ins Berufsleben zurückfinden“.

In Berlin haben sich die Jobcenter im Rahmen der Initiative bezirksübergreifend zusammengeschlossen. Im Bündnis „Berliner Bär“ sind die Berliner Jobcenter Spandau, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf und der brandenburgische Landkreis Barnim vertreten. „Die Arbeitsvermittler können auf die Datenbank „Fitnessquelle 50 plus“ mit rund acht- bis zehntausend Sport- und Freizeitaktivitäten zurückgreifen“, sagt Jobcenter-Sprecher Andreas Ebeling. „Sie können damit auch praktische Lebenshilfe geben.“ Sämtliche Angebote, die von freien Trägern veranstaltet werden, sind für die Arbeitslosen unentgeltlich, und die Teilnahme ist freiwillig.

Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg etwa kann die „Laufbewegung im Friedrichshain“ oder eine „Wanderung durchs Böhmische Dorf in Rixdorf“ empfehlen, das Jobcenter Marzahn-Hellersdorf „Nordic Walking durchs Wuhletal“ und die Behörde in Reinickendorf „orientalischen Tanz“. Auch Ernährungs- oder Suchtberatung gibt es. Unter dem Rubrum „allgemeine Lebensführung“ wird auch auf kostenlose Stadtführungen oder Museumsbesuche hingewiesen.

Dass ein Leben ohne Job gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen kann, geht aus einer in diesem Jahr veröffentlichten Studie des Robert-Koch-Instituts hervor. „Arbeitslose sind häufiger krank und sterben früher“, lautet drastisch eine der Kernaussagen der Untersuchung. Außerdem achten Arbeitslose der Studie zufolge weniger auf ihre Gesundheit als Menschen, die Arbeit haben. So liegt die Quote der Raucherinnen bei Erwerbstätigen bei knapp 35 Prozent, bei Arbeitslosen bei über 45 Prozent. Bei Männern ist der Unterschied sogar noch größer: Knapp 60 Prozent der Arbeitslosen rauchen, während bei den Arbeitnehmern nur knapp 40 Prozent zur Zigarette greifen. Und je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto öfter sind die Menschen krank. Laut dem Mikrozensus haben Langzeitarbeitslose beinahe doppelt so viele Krankheitstage wie Beschäftigte.

„Gesundheitsprävention bei Arbeitslosen ist natürlich wichtig“, sagt die Berliner Arbeitsmarktpolitikerin der Grünen, Sabine Bangert. Aber dazu könne die Schrittzähler-Aktion des Jobcenters in Brandenburg an der Havel nicht zählen. Das suggeriere nämlich, dass alle Arbeitslosen faul und unbeweglich sind. „Dabei laufen sich viele die Hacken nach einem Job ab“, sagt Sabine Bangert. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bleibt skeptisch. Das primäre Anliegen der Jobcenter müsse natürlich sein, zu qualifizieren und auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, erklärt DGB-Sprecher Dieter Pienky: „Erhaltung der Gesundheit bleibt ein wichtiges Anliegen und wird auch nachgefragt bei Arbeitslosen, ist aber vorrangig das Geschäft der Krankenkassen.“ Sigrid Kneist

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