Schwerer Vorwurf gegen Botschaft in Istanbul: Sürücü-Mörder als Wachmann angeheuert
Im Zusammenhang mit dem Mord an der damals 23-jährigen Hatun Sürücü im Jahr 2005 sind schwere Vorwürfe an die deutsche Botschaft in der Türkei aufgetaucht. Die „Bild“-Zeitung meldete, ein wegen Mordes an der jungen Frau verurteilter Bruder des Opfers habe nach seiner Haftentlassung vorübergehend als Wächter für die Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul gearbeitet.
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Im Zusammenhang mit dem Mord an der damals 23-jährigen Hatun Sürücü im Jahr 2005 sind schwere Vorwürfe an die deutsche Botschaft in der Türkei aufgetaucht. Die „Bild“-Zeitung meldete, ein wegen Mordes an der jungen Frau verurteilter Bruder des Opfers habe nach seiner Haftentlassung vorübergehend als Wächter für die Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul gearbeitet. Die Residenz im Istanbuler Stadtteil Tarabya liegt unmittelbar am Bosporus und wird unter anderem für Empfänge bei Staatsbesuchen genutzt.
Das deutsche Konsulat in Istanbul wollte sich zu dem Bericht der Zeitung nicht äußern und verwies auf das Auswärtige Amt in Berlin. Eine Anfrage dort blieb am Mittwoch unbeantwortet.
Dem Zeitungsbericht zufolge konnte der heute 28-jährige Ayhan Sürücü ohne Sicherheitsüberprüfung in der Sommerresidenz anheuern, nachdem er in Deutschland aus der Haft entlassen und in die Türkei gekommen war. Erst nach fünf Tagen habe das Istanbuler Generalkonsulat den Mann als verurteilten Mörder identifiziert. Die „B.Z.“ meldete unter Berufung auf das Außenamt, die beauftragte Sicherheitsfirma sei aufgefordert worden, Sürücü von der Sommerresidenz abzuziehen. Zudem sei die Firma verwarnt worden.
Wegen ihres westlichen Lebensstils hatte Ayhan Sürücü als 18-Jähriger am 7. Februar 2005 seine 23-jährige Schwester in Berlin-Tempelhof auf offener Straße mit drei Kopfschüssen getötet. Nach seiner Verurteilung in Berlin verbüßte er eine neunjährige Haftstrafe und wurde im Sommer 2014 in die Türkei ausgewiesen. Inzwischen betreibt er laut Presseberichten einen Imbiss in Istanbul.
An dem Mord an Hatun Sürücü waren vermutlich auch zwei seiner Brüder beteiligt, was ihnen aber zunächst nicht nachgewiesen werden konnte. Sie sollen jetzt in der Türkei wegen Mordes angeklagt werden. Bei einer Verurteilung in Istanbul müssten die Brüder mit Haft bis zu lebenslänglich rechnen. In den vergangenen Jahren hatte der türkische Staat sein Vorgehen gegen sogenannte Ehrenverbrechen verschärft. Im Zuge der EU-Reformen schaffte die Türkei unter anderem traditionelle Strafnachlässe für Ehrenverbrechen ab. Der sogenannte Ehrenmord an Sürücü löste bundesweit Entsetzen aus und führte zu einer politischen Debatte über Integration und einen besseren Schutz für Frauen. Mutlu und Alpaslan Sürücü waren von der Berliner Justiz aus Mangeln an Beweisen freigesprochen worden. Als der Bundesgerichtshof die Freisprüche aufhob, hatten sich die Brüder bereits in die Türkei abgesetzt. Auch ein internationaler Haftbefehl hatte daran nichts geändert. Thomas Seibert
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