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Große Kläranlagen belasten Brandenburg: Tack muss Platzecks Fehler ausbügeln
Überdimensionierte Kläranlagen belasten in Brandenburg die Kommunen und das Land – denn die Bevölkerung schrumpft. die Umweltministerin sucht nun Auswege aus der verfehlten Förderpolitik der 90er-Jahre.
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Potsdam - Brandenburg sucht Auswege aus der verfehlten Förderpolitik für Großkläranlagen auf dem Land in den 1990er-Jahren. Denn der Bevölkerungsrückgang drängt die Betreiber von Trinkwasser- und Abwasser-Anlagen zunehmend in eine Fixkostenfalle. „Die Anlagen sind langlebig und verursachen Kosten“, sagte Umweltministerin Anita Tack (Linke). Würden sie weniger genutzt, könne die Instandhaltung sogar noch teurer werden. Auch in den kommenden Jahrzehnten müsse der wirtschaftliche Betrieb gesichert werden, betonte Tack.
Die Ministerin muss nun schwere Fehler ihrer Vorgänger, darunter Matthias Platzeck (SPD) als Umweltminister in den 1990er-Jahren, ausbügeln. Die Landesregierung hatte damals auf millionen- schwere Investitionen in überdimensionierte Kläranlagen gesetzt, die nicht ausgelastet waren, statt auf dezentrale Lösungen. Bis heute haben Abwasser- und Trinkwasserzweckverbände mit den Kosten zu kämpfen. Ihnen fehlten Einnahmen, weil sie hohe Kredite abzahlen mussten. Als weitere Gründe gelten schlechtes Wirtschaften, der Verzicht auf nötige Investitionen, zu niedrige Gebühren, aber auch sinkende Einwohnerzahlen.
„Die wachsenden Kosten belasten die Kommunen und müssen am Ende durch Beiträge und Gebühren von Bürgern aufgebracht werden“, sagte Tack. Das Land könne aber notwendige Anpassungen gezielt fördern, damit auch bei weniger Kunden künftig wirtschaftlich gearbeitet werde. Konkrete Bedingungen wie Siedlungsdichte, ansässige Gewerbebetriebe und auch bereits vorhandene Netze müssten dabei berücksichtigt werden. In den vergangenen Jahren seien vor allem im ländlichen Raum dezentrale Anlagen entstanden. „Wie sich die Kommunen für die Zukunft entscheiden, ist aber von vielen Faktoren abhängig“, sagte Tack. Die Kommunen sollen selbst in die Lösungssuche einbezogen werden. Dieser Weg sei neu und bundesweit einmalig. Am 8. November wollen sich Kommunen und kommunale Betriebe bei einem Workshop mit dem Thema beschäftigen.
Mitte der 1990er-Jahre war gut die Hälfte der Brandenburger an eine zentrale Abwasserbehandlung angeschlossen. Im ländlichen Raum waren es nur zwischen 15 und 35 Prozent. Heute sind etwa 87 Prozent der Einwohner an eine zentrale Kanalisation angeschlossen. Das Abwasser von knapp 97 Prozent der Bürger wird in Kläranlagen behandelt. Jedoch werden heute pro Kopf und Tag nur noch knapp 105 Liter Trinkwasser verbraucht, Anfang der 1990er-Jahre waren es noch 144 Liter. Gegenwärtig gibt es in Brandenburg 246 Kläranlagen. Etwa die Hälfte sind kleine Anlagen, die das Abwasser von 100 bis 2000 Einwohnern behandeln.
Sieben verschuldete Trink- und Abwasserzweckverbände in Brandenburg sind derzeit noch auf finanzielle Hilfe vom Land angewiesen. Ihre Schulden belaufen sich auf insgesamt rund 150 Millionen Euro, wie aus einer Antwort von Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Hans-Peter Goetz hervorgeht. Laut einem Ministeriumssprecher sind in diesem Jahr bereits knapp 5,61 Millionen Euro aus dem Ausgleichsfonds an die Abwasserentsorger und Wasserversorger gezahlt worden. Von 1995 bis 2012 hat das Land Brandenburg fast 227 Millionen Euro an betroffene Verbände gezahlt. Das Geld kam unter anderem aus einem Schuldenmanagementfonds. Seit diesem Jahr übernimmt der Ausgleichsfonds, aus dem das Land bisher ausschließlich finanziell notleidende Kommunen unterstützt hat, diese Zahlungen. Ende der 1990er-Jahre waren noch 45 Verbände auf Zuschüsse angewiesen. Goetz machte „viele Fehlentscheidungen und Fehlinvestitionen der 1990er-Jahre“ verantwortlich für die Situation der Verbände. axf/dpa
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