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Gegen Flugrouten und Lärm: Tausende demonstrierten in der Hauptstadt

Berlin hat einen „ProblemBER“: Zahlreiche Anwohner fühlen sich bei der Flugrouten-Planung für den Hauptstadtflughafen übergangen und bedroht. Tausende Bürger protestierten am Samstag im Regierungsviertel.

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Berlin - Die Kritiker des geplanten Großflughafens in Schönefeld haben sich am Samstag in der Berliner Innenstadt zu einer groß angelegten Demonstration getroffen. Fast 12 000 Menschen zogen unter dem Motto „Nicht über unsere Köpfe hinweg“ vom Potsdamer Platz zum Kanzleramt. Bislang hatten die Proteste meist in Schönefeld oder in den vom Lärm bedrohten Bezirken oder Gemeinden in Berlin und Brandenburg stattgefunden. Im Zentrum hatten sich die Gegner des Flughafens zum ersten Mal im September getroffen. Damals bildeten sie eine Menschenkette um das Kanzleramt.

Zu der Demo am Samstag hatte das Aktionsbündnis Berlin-Brandenburg (ABB) aufgerufen. Es war die erste Demonstration seit der Gründung des Bündnisses vor gut einem Monat, aber die mittlerweile neunte in Berlin und Brandenburg, die sich gegen den künftigen Großflughafen richtete. Erstmals schlossen sich Bürgerinitiativen aus dem gesamten Bundesgebiet einer Demonstration gegen Fluglärm an.

Die Demonstranten forderten erneut ein Nachtflugverbot und wandten sich gegen Pläne zum Ausbau des künftigen Flughafens zu einem internationalen Drehkreuz. Auf Transparenten war unter anderem „Fluglärm macht krank“, „Naherholung ohne Fluglärm, Trinkwasser ohne Kerosin“ und „Es fehlt an Politikern mit gesundem Menschenverstand und etwas Standhaftigkeit“ zu lesen. Immer wieder stiegen rote Luftballons mit der Aufschrift „Traumblase BER“ auf. In Sprechchören riefen die Teilnehmer: „Politik wird nicht gewählt, damit sie ihre Bürger quält.“ Die Flughafenkritiker sprachen sich lautstark für ein generelles Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr aus, „weil erholsamer Schlaf eine wesentliche Grundlage für die Gesundheit ist“, hieß es.

Ein Vertreter des Verkehrsclubs Deutschland regte an, statt Nachtflüge sollte die Bahn ihr Angebot in den Nachtstunden ausweiten.

Der Fraktionsvorsitzende der Linke im Bundestag, Gregor Gysi, der sich ebenfalls an den Protesten beteiligte, sagte, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu den Nachtflugregelungen müsse nun die nächsthöhere Instanz, das Bundesverfassungsgericht, angerufen werden. Sollten die Fluglärm-Gegner abermals mit ihrer Klage scheitern, „müssen wir vor den Europäischen Gerichtshof“ ziehen, rief Gysi auf. Die Leipziger Richter hatten Mitte Oktober Klagen gegen Flüge in den Randzeiten von 22 bis 24 Uhr sowie 5 bis 6 Uhr zurückgewiesen. Auch der Regisseur Leander Haußmann schloss sich dem Aufruf zu weiteren Protesten gegen Fluglärm und dessen gesundheitliche Folgen an. Die verantwortlichen Politiker sollten den Unmut der Betroffenen nicht unterschätzen, sagte der Filmemacher. Es gehe bei den Protesten nicht zuletzt „um die Rettung der Demokratie“.

„Fluglärm ist ein Thema, das die Menschen bundesweit bewegt“, sagte Matthias Schubert, Sprecher des aus zwölf Berliner und Brandenburger Bürgerinitiativen bestehenden Bündnisses. Deshalb sei es wichtig, dass der Protest gebündelt werde. Nach seinen Angaben nahmen am Samstag erstmals Bürgerinitiativen gegen Fluglärm aus verschiedenen Bundesländern gemeinsam an einer Demonstration teil, darunter Vertreter aus Flörsheim und Hochheim bei Frankfurt am Main und aus Leipzig. Die Veranstalter wollen dies als Auftakt zu einem bundesweiten Protest verstehen. 

Christian Thiele

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