Brandenburg: Tempelhof-Reklame überraschte deutsche Industrie
74 Unternehmen und Verbände werben in Anzeigen, dass der Berliner City-Airport offen bleibt – manche wussten allerdings gar nichts davon, angeblich auch die Deutsche Bahn nicht
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Berlin - In allen Berliner Tageszeitungen war gestern eine Seite himmelblau. Der Unterstützerverein des City-Airports „Partner für Tempelhof“ hatte ganzseitige Anzeigen geschaltet, die in großen weißen Buchstaben verkündeten: „Die deutsche Hauptstadt braucht Tempelhof“, und etwas kleiner darunter: „Dafür steht die deutsche Industrie“. 74 Unternehmen mit den Namen ihrer Vorstandschefs sowie mehrere Wirtschaftsverbände wurden aufgeführt.
Die genannten Vertreter der deutschen Industrie allerdings zeigten sich ziemlich überrascht. „Es hat keiner mit uns abgesprochen, dass es eine Anzeige geben wird“, heißt es in einem Berliner Unternehmen. Die Deutsche Bahn, ebenfalls Unterzeichnerin der Anzeige, erklärte: „Das ist die private Meinung des Berliners Hartmut Mehdorn, nicht die offizielle Position des Unternehmens.“ Und ein großer Verband kritisierte: „Eigentlich hätte der Name unseres Vorsitzenden zuerst genannt werden sollen, und dann erst seine Funktion bei uns.“
Das sehen die Partner für Tempelhof ganz anders: „Es ist legitim, die Namen der Unternehmen so zu nutzen“, sagte der Vereinsvorsitzende Hemjo Klein. Es sei mit allen genannten Unternehmern und Funktionären abgestimmt, dass der Verein ihre Haltung zum Thema Stadtflughafen verwenden dürfe – auch in dieser Form. Eine schriftliche Einverständniserklärung der Beteiligten gebe es allerdings nicht.
„Wir haben keine schriftliche Blankovollmacht“, sagte Klein. Doch kenne er die meisten Unterzeichner persönlich aus seiner Zeit im Lufthansa-Vorstand. „Diese Unternehmen sind Mitglieder in unserem Verein und setzen sich so dafür ein, dass Tempelhof offen bleiben kann“, sagte Klein weiter.
Die Mitgliederliste der Partner für Tempelhof e. V. ist allerdings nicht die einzige, auf der sich die Namen fast aller Unterzeichner der Anzeige finden. Mit einer Ausnahme stehen sie auch alle auf der Empfängerliste eines Schreibens, das Hartmut Mehdorn am 7. März mit dem offiziellen Briefkopf der Deutschen Bahn an 174 Persönlichkeiten der Deutschen Wirtschaft schickte, um für sein Nutzungskonzept für den Berliner Zentralflughafen zu werben. Mehdorn war dafür vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) heftig kritisiert worden.
Seinem Brief beiliegend sendete Mehdorn den Empfängern ein vorgefertigtes Fax, auf dem die Angeschriebenen ihre Unterstützung für sein Projekt kundtun konnten. „Unser Vorstandsvorsitzender hat dieses Fax unterschrieben zurückgeschickt. Wir gehen davon aus, dass sein Name so auf die Anzeige gekommen ist“, heißt es bei einer Berliner Firma. Klein bestreitet diese Verbindung jedoch. „Mit der Bahn haben wir nichts zu tun.“ „Mit dem Verein hängen wir nicht zusammen“, sagte auch ein Bahn-Sprecher.
Wenn auch das Zustandekommen der gestrigen Anzeige selbst von namentlichen Unterzeichnern nicht ganz nachvollzogen werden kann, missverstanden fühlt sich zumindest niemand. „Über die heutige Anzeige waren wir ein wenig überrascht, tragen sie inhaltlich aber prinzipiell mit“, kommentierte die Pressestelle der Wall AG. Und auch bei BASF ist man etwas ratlos: „Unser Vorstandsvorsitzender Dr. Hambrecht hat sich zwar so geäußert, wie er auf diese Liste kommt, ist mir aber nicht klar“, sagte ein Sprecher.Julian Heißler
Julian Heißler
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