Nahverkehr: Teures Versprechen für die S-Bahn
Bahn verpflichtet sich zum schnellen Zugkauf
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Berlin - Mit einer Materialschlacht will die Berliner S-Bahn ihren störanfälligen Fuhrpark flottmachen für die nächsten Jahre. Doch weil auf lange Sicht nur eine ganz neue Flotte die Probleme löst, hat sich der Mutterkonzern zur Bestellung eines neuen Fuhrparks bereiterklärt. Klaus-Dieter Scheurle, Staatssekretär von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), berichtete am Freitag von einer entsprechenden „Verpflichtungserklärung“. Die soll das Dilemma beseitigen, dass zunächst über eine langwierige europaweite Ausschreibung ein neuer Betreiber für den S-Bahn-Verkehr gefunden werden muss, der erst mit dem verbindlichen Zuschlag in der Tasche neue Züge bestellen kann.
Nach Auskunft von Scheurle haben renommierte Vergaberechtler an der Erklärung mitgearbeitet. Dadurch sei gesichert, dass die Bahn sich durch die Einkaufstour keinen rechtswidrigen Vorteil im später anstehenden Bieterverfahren verschaffe. „Der Senat ist jetzt gefordert, schnell zu agieren“, sagte Scheurle. Das Land Berlin könne gemeinsam mit dem Verkehrsverbund VBB die Anforderungen an die neuen Züge definieren. Sofort danach könne die Bahn den Auftrag für deren Bau ausschreiben.
Der Senat hat dagegen angekündigt, die Kriterien für neue Züge bis Ende des Jahres zu formulieren. Aus Sicht von Scheurle wird dadurch wertvolle Zeit vertan, denn von der Bestellung der Züge bis zum Einsatz im Alltag vergehen erfahrungsgemäß mindestens fünf Jahre. Der aktuelle Verkehrsvertrag des Landes mit der S-Bahn läuft Ende 2017 aus. Sollte die Bahn beispielsweise schon ein Jahr vorher die ersten Waggons erhalten, würde sie diese laut Scheurle vorfinanzieren und dann dem anschließenden Betreiber verkaufen – sofern sie nicht selbst wieder den Zuschlag erhält. Scheurle begründete das Angebot des bundeseigenen Konzerns mit einer „staatsbürgerlichen Verpflichtung, die natürlich auch was mit Reputation zu tun hat“. Die Kosten für eine komplett neue Flotte – für den vollen Fahrplan werden gut 550 Doppelwagen gebraucht – werden auf knapp zwei Milliarden Euro geschätzt. Die Auslieferung würde sich über einige Jahre hinziehen.
Wie die vorhandenen Züge für die Zwischenzeit flottgemacht werden, zeigte S-Bahn-Chef Peter Buchner am Donnerstag in der Werkstatt Grünau. Dabei schloss er neue Ausfälle im nächsten Winter nicht aus: Die Aufarbeitung aller störanfälligen Motoren sei in diesem Jahr nicht mehr zu schaffen. Zumindest sollen aber im Winter genug Züge aufgemöbelt sein, um einige Linien vom Schleichfahrplan wie zu Beginn dieses Jahres zu verschonen. Auch würden noch 2011 die Räder aller 500 Waggons der Standard-Baureihe 481 erneuert. Ein Drittel sei schon geschafft. Mit den neuen Rädern müssen die Züge seltener zur Durchsicht. Als nächste Verbesserungen stellte Buchner zusätzliche Wagen für die S 7, einen Zehnminutentakt auf der S 25 nach Teltow und die Wiederbelebung der S 45 vom Ring nach Schönefeld in Aussicht.Stefan Jacobs
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