Von Jana Haase: Tonnenweise Asphaltbrocken abgeladen
Staatsanwaltschaft ermittelt / Täter im Umkreis vermutet / Neuer Verdacht gegen „Müllpate“ Bernd R.
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Lebus/Potsdam - Eigentlich sollte die Renaturierung der ehemaligen DDR-Mülldeponie in diesem Jahr endlich abgeschlossen werden. Müll-Gauner machten der Gemeinde Lebus in Märkisch-Oderland aber wohl einen Strich durch die Rechnung: Unbekannte haben wie berichtet illegal und offenbar unbemerkt mehrere große Lkw-Ladungen Erde mit Asphaltbrocken von bis zu einem Meter Durchmesser abgeladen. Aufgefallen waren die Müllberge beim Routinebesuch eines Gemeindemitarbeiters, die Gemeinde erstattete Anzeige. Jetzt hat die zuständige Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) die Ermittlungen wegen „unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen“ aufgenommen, wie ein Sprecher den PNN am Donnerstag bestätigte. Kriminaltechniker sicherten gestern Spuren auf dem Gelände, sagte ein Polizeisprecher. Durch den Vorfall verzögert sich nicht nur der Deponie-Rückbau, der Gemeinde drohen auch erhebliche Kosten für die sachgerechte Entsorgung des Mülls.
Der Fall Lebus macht die Liste von Müll-Verbrechen im Land Brandenburg nur noch länger. Allein die auf Wirtschafts- und Umweltkriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft in Potsdam bearbeitet derzeit fünf Müll-Verfahren mit jeweils mehreren Beschuldigten, wie ein Sprecher gestern sagte. Im bisher umfangreichsten Fall mit 330 000 Tonnen Müll in einer Kiesgrube in Malterhausen im Landkreis Teltow-Fläming stehe der Abschluss der Ermittlungen unmittelbar bevor. In zwei weiteren Fällen sei bereits Anklage erhoben worden, darunter auch gegen den „Müllpaten“ Bernd R., der insgesamt 144 000 Tonnen gefährlicher Abfälle an sieben Tatorten in Potsdam-Mittelmark illegal vergraben haben soll. Sollten sich die Vorwürfe vor Gericht bestätigen, erwartet ihn eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren, hieß es.
Erst am 17. März hatten sich bei einer Razzia im ehemaligen Tagebau Schlunkendorf in Beelitz neue Verdachtsmomente gegen Bernd R. ergeben: Eine Ermittlergruppe von Staatsanwaltschaft, Landeskriminalamt und Landesbergbauamt entdeckte etwa 20 000 Kubikmeter nicht zugelassenen Bauschutt und Kunststoffabfälle, wie Klaus Freytag, der Präsident des brandenburgischen Bergbauamtes, den PNN gestern bestätigte. Freytag wertet den Einsatz als Erfolg der jahrelangen engen Zusammenarbeit zwischen den drei Institutionen. Es werde auch in Zukunft verstärkt unangekündigte Untersuchungen geben: „Wir sind von Getriebenen zu den Treibenden geworden.“
Im Fall Lebus ist dagegen selbst das genaue Ausmaß des Schadens noch unklar. Amtsleiter Heiko Friedemann geht von mindestens zehn LKW-Ladungen aus, die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) rechnet sogar mit „50 bis 100 großen Lkw-Ladungen“. Den Tätern drohen laut Staatsanwaltschaftssprecher Michael Neff Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Die Unbekannten seien mit „erheblicher krimineller Energie“ vorgegangen.
Sollten die Schuldigen nicht gefunden werden, wird es für Lebus teuer: Die Entsorgung des Bauschutts könnte laut Friedemann bis zu 10 000 Euro kosten. Sollten die Asphaltstücke auch den krebserregenden Teer enthalten, wird die sachgerechte Entsorgung noch teurer. Friedemann hofft nun auf Hinweise aus der Bevölkerung: „Die Täter müssen mit großen Lkw vorgefahren sein, vielleicht hat das jemand gesehen.“ Der Ort liegt jedoch in unbewohntem Gebiet.
Umweltingenieur Wolfgang Rindler, der den Rückbau der Deponie seit 1996 betreut, vermutet die Täter im näheren Umfeld: Schon bei einer Anfahrt von 50 Kilometern würde sich die Aktion finanziell nicht lohnen, erklärte er den PNN. Das abgeladene Material stammt seiner Einschätzung nach von einer kleineren Straßenbaumaßnahme oder dem Rückbau einer befestigten Fläche.
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