Brandenburg: Traum vom Drehkreuz
Warum der Air-Berlin-Chef Parallelstarts und Flüge in den Randzeiten fordert
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„Berlin International Airport“ steht unter dem Logo des Flughafenhotels, in dem Joachim Hunold seine Pläne für den künftigen Großflughafen erläutert. Den Namen hat das Hotelmanagement aber offenbar schon vor Jahren frei erfunden. Denn der offizielle Arbeitstitel lautet „Berlin Brandenburg International“, und als Willy-Brandt-Flughafen soll das Bauwerk in Schönefeld (Dahme-Spreewald) in 14 Monaten endlich eröffnet werden.
Das Namenswirrwarr ist fast schon symptomatisch für die anhaltende politische Debatte um das Milliardenprojekt im Süden der Hauptstadt. Der Air-Berlin-Chef gibt sich alle Mühe, die Chancen für Berlin zu preisen. Ein Drehkreuz wie in München, dem zweigrößten Flughafen Deutschlands, könne im märkischen Sand entstehen, sagt er am Dienstag Morgen vor einigen Dutzend Geschäftsleuten. Ein Chart nach dem anderen wirft er auf die Leinwand, erläutert Zahlen und Kurven – und die Bedingungen für den Drehkreuztraum.
Zwar gehe in Ordnung, dass zwischen Mitternacht und 5 Uhr nicht geflogen werden solle. „Das hat jeder akzeptiert.“ Dagegen seien aber in den Randzeiten Starts und Landungen zwingend erforderlich: also von 22 Uhr bis Mitternacht und auch von 5 bis 6 Uhr. „Wir dürfen nicht anfangen, über die Randzeiten zu diskutieren“, mahnt Hunold und weiß genau, dass just darüber sehr wohl diskutiert wird. Er weiß zwar den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hinter sich, dagegen hat die Linke einen Parteitagsbeschluss gegen Flüge in Randzeiten verabschiedet. Offen ist, ob sie nach der Berlin-Wahl im September noch mitregiert – aber Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast hat öffentlich ganz in Frage gestellt, ob der neue Großflughafen wirklich ein internationales Drehkreuz werden muss. Für Hunold ist das ein strategisches Ziel und eine Notwendigkeit. In einem Jahr will Air Berlin der Luftfahrtallianz One World beitreten: ein Gegenstück zur Star Alliance, zu der die Lufthansa gehört. In One World finden sich große Namen wie British Airways, American Airlines, Cathay Pacific oder Qantas. „Das wird eine große Bedeutung für die Region bekommen“, sagt Hunold. Denn erst als Teil dieses Bündnisses ist die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft wirklich in der Lage, die ganze Welt zu bedienen – von Berlin aus. Die Vorläufer dieses großen Drehkreuzes sind schon in Tegel zu besichtigen: Das Terminal C platzt trotz seines provisorischen Charakters aus allen Nähten.
Ungehinderter Flugbetrieb auch in den Randzeiten ist eine Bedingung, der gleichzeitige Betrieb der beiden geplanten Start- und Landebahnen die andere. „Der Parallelbetrieb ist unausweichlich, wenn wir hier eine Drehkreuzfunktion haben wollen“, sagt Hunold. Ja, wenn. Für ihn zeigt die anhaltende Debatte um das Drehkreuz einen Mangel an Verlässlichkeit der Politik. „Das kann ich als Unternehmer nicht nachvollziehen“, sagt er und verweist auf die Millioneninvestitionen seines Unternehmens.
Doch nicht nur der nach Jahren der Planung wieder aufgeflammte Grundsatzstreit ist Hunold ein Ärgernis. Einen Gegner sieht er offenbar in Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), auch wenn er ihn nicht namentlich nennt. „Sie können sicher sein, dass ein Bayer kein Interesse hat, dass hier ein Drehkreuz entsteht“, sagt er nur. Und auch im Rhein-Main-Gebiet gebe es für das Projekt nicht viele Anhänger. Moritz Döbler
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