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Mit Weitblick. Die Besitzerin des Lucke-Hofs, Ute Lucke-Polz, in ihrem Haus. Für ihren Einsatz um den Erhalt des Hofes und ihr soziales Engagement wird sie geehrt.

© dapd

Brandenburg: Traumhafte Kindheit trotz harter Arbeit

Ute Lucke-Polz wird für ihr Engagement auf dem denkmalgeschützten Lucke-Hof gewürdigt

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Premnitz - „Nach der Wende haben die Leute zu mir gesagt: 'Spar dir die Arbeit, fahr mit 'nem Panzer drüber und verkaufe das Grundstück'“, erzählt Ute Lucke-Polz und rückt ihr Halstuch zurecht. Die ehemalige Zahnärztin aus Berlin steht in dem mehr als 250 Jahre alten Brotbackhaus des Lucke-Hofes in Premnitz (Havelland), der nun schon in der zehnten Generation in Familienbesitz ist. „Doch das konnte ich einfach nicht machen.“ Schließlich habe ihr der Vater auf dem Sterbebett das Versprechen abgenommen, den heute denkmalgeschützten Vierseithof zu erhalten. „Dafür kämpfe ich seit Jahren mit aller Kraft.“ Für ihren Einsatz wird die 72 Jahre alte Lucke-Polz am heutigen Donnerstag von Bundespräsident Joachim Gauck auf dem traditionellen Neujahrsempfang gewürdigt.

Im Mittelpunkt der Ehrung steht nicht nur der Erhalt des Denkmals und die Gründung eines Fördervereins, sondern auch ihr soziales Engagement: Seit fast sieben Jahren findet auf dem Hof wöchentlich eine Arbeitstherapie für Suchtkranke statt, die in einer örtlichen Rehabilitationsklinik behandelt werden. Auch Arbeitslose sind regelmäßig auf dem Hof und pflegen den Gemüse- und Kräutergarten.

„Wir wollen jetzt auch ein Ferienlager für Kinder einrichten“, sagt Lucke-Polz. Neben Schulklassen sollten auch Kinder aus „kritischen Familienverhältnissen“ auf den Hof kommen. „Zum Beispiel könnten Kinder von Suchtkranken hier ein paar glückliche Ferientage verbringen“, erzählt sie von ihren Plänen.

Die Geschichte des Grundstücks mit den fünf großzügigen Gebäuden geht zurück auf das Jahr 1755, als einer ihrer Vorväter den Hof durch Heirat übernommen hatte. „Meine Vorfahren haben immer viel gearbeitet und auch gerne mal reiche Frauen geheiratet“, erzählt Lucke-Polz. Dadurch sei der Hof bis nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges recht wohlhabend gewesen. „Meine Kindheit hier war trotz stets harter Arbeit traumhaft“, schwärmt die 72-Jährige. Eigentlich habe sie nie etwas anderes als Bäuerin werden wollen.

Doch der Einschluss des Hofes in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) zu Beginn der 1960er Jahre in der DDR brachte für Lucke-Polz einen großen Umbruch – eine Zeit, über die sie nicht gern spricht. Als junge Frau verließ sie den Hof und ging nach Ost-Berlin, wo sie erst ihr Abitur ablegte und dann Medizin studierte. Dort gründete sie auch eine Familie und baute sich eine gut laufende Praxis auf. Erst nach der Wende kehrte sie nach Premnitz zurück, um für den Fortbestand des Hofes zu kämpfen.

Ihre enge Mitarbeiterin Ute Thiem, die erst seit wenigen Jahren auf dem Hof ist, zeigt sich beeindruckt über so viel Engagement. „Sie ist beharrlich und manchmal auch unbequem“, sagt Thiem. Doch gerade dies sei gut für den Hof: „Wenn sie irgendwo mit ihrer Bitte um Unterstützung abgewiesen wird, geht sie einfach nochmals hin.“ Lucke-Polz selbst lebt vor allem auch für das Gefühl, anderen Menschen mit dem Hof ein Stück Heimat bewahren zu können. „Viele Premnitzer kommen hierher und freuen sich, dass alles noch so ist wie damals“, erzählt sie. „Armut ist der beste Denkmalschutz“, habe ihr mal ein Mann vom Denkmalschutzamt gesagt. Zumindest für die historischen Gebäude seien die schwierigen Jahre in der DDR ohne Geld für Umbauten damit noch für was gut gewesen, meint Lucke-Polz.

Auf ihrem Hof bewegt sie sich, als wäre sie nie weg gewesen. „Der Ofen in dem Backhaus muss vier Tage ordentlich vorgeheizt werden, bevor dort gebacken werden kann“, erzählt sie, während sie über das Gelände läuft. „Und dort in der Scheune ist ein 18 Meter langer Balken, der vor dem Verbauen drei Jahre in der Havel gelegen hat“, fügt sie hinzu. Von ihrer Rente fließt fast jeder Cent in den Hof, er ist mittlerweile wieder der Lebensmittelpunkt geworden. „Man will ja auch was hinterlassen“, sagt Lucke-Polz, „für die Kinder in der Region, für die nächsten Generationen.“ Luise Poschmann

Luise Poschmann

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