Brandenburg: Treberhilfe vor Spaltung
Verlust des Kerngeschäfts „Wohnprojekte“ droht Treberhilfe-Mitarbeiter misstrauen neuer Führung
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Berlin - Der ins Zwielicht geratenen Treberhilfe droht die Spaltung. „Offenbar wollen sich einige Truppenteile entfernen und einem anderen Träger zugeschlagen werden“, sagte Treberhilfe-Geschäftsführer Dietrich Fenner nach einer Personalversammlung in der Passionskirche im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Gemeint sind die Wohnprojekte der Treberhilfe, die nach dem Rauswurf von Abteilungsleiter Ingo Bullermann ohne Führung dastehen. Sie sind der wirtschaftliche Kern des gemeinnützigen Sozialunternehmens, die gewinnträchtige „Cash Cow“, wie ein Insider sagt. Bräche dieser Unternehmenszweig weg, wäre die Treberhilfe nur noch ein kleiner finanzschwacher Sozialhilfeverein.
Die Enthüllungen um das Luxusleben des zurückgetretenen Treberhilfe-Chefs Harald Ehlert erschweren bereits jetzt den Arbeitsalltag der Mitarbeiter. Nach Auskunft von Beschäftigten verzögern einige Jobcenter die Überweisung von Hartz-IV- Geldern, die von der Treberhilfe für ihre Klienten verwaltet werden. Auch die Akquise von Wohnungen zur Unterbringung von Hilfsbedürftigen sei schwieriger geworden, da einige Vermieter mit der Treberhilfe nichts mehr zu tun haben wollen.
Auch die Kriseneinrichtungen des Vereins, wo weggelaufene Jugendliche vorübergehend betreut werden, sind laut einem Insider bereits stark defizitär. „Einige Bezirke übernehmen die Kosten nicht mehr. Außerdem sind viele Mitarbeiter frustriert. Es gibt einen hohen Krankenstand.“ Zwei Bezirke – Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg – haben die Zusammenarbeit schon teilweise aufgekündigt. Neukölln entscheidet im Mai.
Geschäftsführer Fenner, erst seit wenigen Wochen im Amt, dementiert indes Berichte über eine bevorstehende Insolvenz. „Wir sind liquide.“ Er räumt jedoch ein, dass die finanzielle Zukunft vom Verhalten der Bezirke abhängt. Mit den zwei „abtrünnigen Bezirken“ sollen Gespräche geführt werden. Außerdem bereisen Aufsichtsrat und Geschäftsführung in den nächsten Tagen die Wohnprojekte der Treberhilfe, um die Mitarbeiter bei der Stange zu halten.
Viele Mitarbeiter misstrauen der neuen Treberhilfe-Führung, weil sie befürchten, im Hintergrund ziehe weiterhin Machtmensch Ehlert die Fäden. Bezweifelt wird auch die Kompetenz der neuen Aufsichtsräte, die nicht aus der Branche kommen.
Das Misstrauen zeigte sich auch bei der Personalversammlung in der Passionskirche in Kreuzberg. Etwa die Hälfte der rund 120 teilnehmenden Treberhilfe-Mitarbeiter verließ die Versammlung vorzeitig, als Zeichen des Protests. „Das war nur ein Drumherumgerede“, sagte eine Sozialarbeiterin danach. Fragen nach dem Maserati oder dem Rauswurf des Abteilungsleiters seien ausweichend beantwortet worden. Stattdessen habe der Aufsichtsrat mit weiteren Kündigungen gedroht, sollten Mitarbeiter interne Informationen in die Öffentlichkeit tragen. Moralische Zweifel am Geschäftsgebaren der Treberhilfe seien nicht Aufgabe der Mitarbeiter. Gleichzeitig versprach Geschäftsführer Fenner, dass Mehrarbeit bei der Betreuung von Obdachlosen oder jugendlichen Trebern künftig bezahlt werde. Bisher richtete sich das Gehalt allein nach dem Umsatz des Wohnprojekts. Wer mehr „Klienten“ ins Haus holte, verdiente mehr Geld.
Völlig offen ist, wie die laufenden Prüfungen der Senatsverwaltung für Soziales und des Finanzamtes ausfallen werden. Fenner spricht von einer „ganz normalen Betriebsprüfung“ durch das Finanzamt. Der Staatssekretär der Sozialverwaltung, Rainer-Maria Fritsch, rechnet jedoch fest damit, dass der Treberhilfe die Gemeinnützigkeit entzogen wird. Jedes andere Ergebnis würde ihn wundern, erklärte er dem Fernsehsender RBB. Thomas Loy
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