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Brandenburg: Trotz Kindersegens: Immer weniger Brandenburger

Nachwuchs: Rekord-Jahr in Brandenburg und ein überraschender Babyboom in Berlin / Statistiker von Entwicklung überrascht

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Potsdam/Berlin - Trotz eines Nachwende-Rekordes bei den Geburten konnte der Bevölkerungsrückgang im Land Brandenburg auch im vergangenen Jahr nicht gestoppt werden. Rund 2 535 700 Menschen lebten Ende 2007 in der Mark und damit so wenige wie noch nie seit der Wiedervereinigung, teilte das Amt für Statistik Berlin- Brandenburg gestern in Potsdam mit. Rund 12 000 Einwohner (knapp 0,5 Prozent) habe das Land im Jahresverlauf verloren. Ein Grund war die mit 60 900 Menschen niedrigste Zahl der Zuwanderungen seit 1992. Zugleich verließen 64 870 Bürger das Land. Zudem konnte selbst der Geburten-Rekord nicht die Zahl der Sterbefälle ausgleichen.

Im vergangenen Jahr wurden den Statistikern zufolge 18 589 Kinder geboren und damit 706 mehr als im Jahr davor und so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Gleichzeitig starben 26 666 Märker. Wie das Amt weiter mitteilte, profitiert die Mark auch immer weniger von Berlinern, die es in das Umland zieht. 2007 waren dies nur rund 4500 Menschen (2005: 9700, 2006: 6700).

Die Berliner Bevölkerung dagegen wächst weiter. Erstmals seit 20 Jahren hat es im vergangenen Jahr wieder mehr Geburten als Sterbefälle gegeben, wie das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg gestern mitteilte. Eine Entwicklung, die selbst für die Statistiker überraschend kam. Sie sprechen von einer „kleinen Sensation“. 2007 wurden ihren Angaben zu Folge 31 174 Babys – rund 1500 mehr als im Vorjahr – geboren, 30 980 Männer und Frauen verstarben. Einen Geburtenüberschuss habe es in den statistischen Aufzeichnungen nach dem Krieg nur im damaligen Ostteil der Stadt in der Mitte der 60er Jahre und in den 80er Jahren gegeben, sagte Jürgen Paffhausen, Referatsleiter für den Bereich Bevölkerung im Statistikamt. Insgesamt wuchs die Bevölkerungszahl in Berlin 2007 das dritte Jahr in Folge, 3 416 300 Menschen waren in der Stadt offiziell gemeldet. Aber nicht nur der Babyboom ist für diese Entwicklung verantwortlich; denn es zogen auch 12 000 Menschen mehr in die Stadt als sie verließen.

Die meisten Babys wurden im Bezirk Pankow geboren. Mit 4144 Geburten kamen hier 413 Kinder mehr zur Welt als im Jahr zuvor. Der Stadtteil ist für junge Familien besonders attraktiv. Auch das ebenfalls zu Pankow gehörende Weißensee mit seinen Siedlungsgebieten wächst.

Die Bevölkerungsentwicklung stellt aber auch die Behörden vor neue Herausforderungen, denen sie nicht immer gewachsen sind. In vielen Bezirken gibt es lange Bearbeitungszeiten bei der Berechnung und Auszahlung des Elterngeldes. Und in Spandau beispielsweise gelangte zwischenzeitlich das Standesamt an seine Kapazitätsgrenzen. Es gab nicht genügend Beamte, die die Geburten beurkunden konnten. Dies rief enormen Unmut bei jungen Eltern hervor.

Laut Auskunft von Statistiker Paffhausen ist für die Entwicklung vor allem die Geburtenrate bei deutschen Frauen bedeutsam. Sie steigt seit drei Jahren kontinuierlich. Brachte 2005 jede Frau mit deutschem Pass statistisch 1,13 Kinder zur Welt, waren es im vergangenen Jahr 1,23 Babys. Bei ausländischen Frauen liegt die Rate mehr oder weniger gleichbleibend bei 1,4.

Berlin ist zudem ein relativ junges Bundesland und liegt mit einem Altersdurchschnitt von 42,4 Jahren in der Statistik auf dem vierten Platz hinter Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg. Und vor allem junge Menschen aus anderen Bundesländern zwischen 18 und 25 Jahren zieht es in die Stadt.

Familienpolitik sei ein zentraler Bereich der Politik, sagte gestern Familien- und Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD), als er die neue Konzeption für den nächsten Familienbericht vorstellte. „Familienfreundlichkeit ist Ausdruck von Lebensqualität und ein wichtiger Standortfaktor für Berlin“ sagte Zöllner. „In der Kindertagesbetreuung nimmt Berlin bereits eine Spitzenposition ein“, sagte der Vorsitzende des Beirats für Familienfragen, Peter Ruhenstroth-Bauer. Andere Bereiche müssten jedoch weiterentwickelt werden. Daher werde sich der nächste Familienbericht insbesondere mit der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege, familienfreundlichen Stadtquartieren und Strategien gegen Armut undFamilien beschäftigen. In Berlin leben 200 000 Kinder unter der Armutsgrenze, sagte Ruhenstroth-Bauer. (mit dpa)

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