Brandenburg: U-Bahn-Treter ist weiter flüchtig
Mutmaßlicher Begleiter des Täters vor Freilassung. Auch Prominente helfen inzwischen bei der Suche
Stand:
Berlin - Der am Montag festgenommene Begleiter des Berliner U-Bahn-Treters soll nach Informationen dieser Zeitung noch am Dienstagabend wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Die Beweislage reiche für einen Haftbefehl wahrscheinlich nicht aus, hieß es am Mittag aus Sicherheitskreisen. Gegen den aus Bulgarien stammenden Mann sei bislang kein dringender Tatverdacht der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung zu begründen. Auf dem Video sei nicht zu erkennen, dass der Bulgare den Treter angefeuert oder auf andere Weise unterstützt hat. Die in diesem Fall am ehesten infrage kommende unterlassene Hilfeleistung sei kein Haftgrund, hieß es. Der Haupttäter hingegen könnte möglicherweise auch wegen eines versuchten Tötungsdelikts belangt werden.
Zur Aussage des Bulgaren wollten Sicherheitsexperten keine Angaben machen, um die weiteren Ermittlungen nicht zu behindern. Bislang ist kaum mehr bekannt, als dass der Mann nach einem Bürgerhinweis festgenommen wurde und die Polizei ihn als Beschuldigten vernahm. Der Bulgare sei in dem Video der Überwachungskamera der Mann, der kurz nach dem Tritt seines Bekannten emotionslos eine Flasche Bier von einer Stufe aufhebe und weitergehe, hieß es. Offen bleibt damit allerdings, in welcher Verbindung der Bulgare, der in Berlin keinen Wohnsitz hat, zum Treter steht.
Der Haupttäter hatte in der Nacht zum 27. Oktober 2016 auf einer Treppe im U-Bahnhof Hermannstraße im Bezirk Neukölln einer jungen Frau in den Rücken getreten. Die 26-Jährige fiel mehrere Stufen hinunter und brach sich einen Arm. Der Fall sorgt wegen der Brutalität des Angriffs deutschlandweit für Aufsehen.
Der Haupttäter und weitere Begleiter sind offenbar weiterhin unbekannt. Außerdem bleibt unklar, ob es sich bei ihnen ebenfalls um Bulgaren handelt. Trotzdem sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, dieser Zeitung am Dienstagnachmittag: „Wir haben die Hoffnung, dass der Haupttäter bald gefasst wird.“
Inzwischen unterstützen auch Prominente die Suche nach dem Haupttäter. „Berlinerinnen, Berliner! Erkennt jemand diese feigen Idioten?“, postete der Tatort-Schauspieler Jan Josef Liefers auf seiner Facebook-Seite. Auch seine Frau, die Sängerin und Schauspielerin Anna Loos, rief über Facebook zur Mithilfe auf.
Bereits am Sonntag hatte sich der bekannte Berliner Bodyguard Michael „Mike“ Kuhr ebenfalls auf Facebook zu Wort gemeldet. Er setzte 2000 Euro für den Namen und die Adresse des Täters aus. Auch der AfD-Abgeordnete Andreas Wild schrieb, 1000 Euro zahlen zu wollen. „Gleichzeitig baut die AfD im Abgeordnetenhaus Druck auf Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz auf. Berlin, eine Stadt jagt den brutalen U-Bahn-Treter – wenn es dieser Staat schon nicht macht“, schrieb Wild auf seiner Facebook-Seite.
In sozialen Netzwerken hatte es daraufhin Kritik gegeben. Kommentatoren werteten die Belohnungen von Kuhr und Wild als modernes Kopfgeld. Es komme Selbstjustiz gleich, lautete ein weiterer Vorwurf. Kuhr, ehemaliger Kickboxweltmeister, hatte sich dagegen gewehrt. Selbstjustiz sei sein Handeln nicht, so Kuhr, aber den Begriff Kopfgeld habe er absichtlich gewählt. „Habe wahrscheinlich früher zu viele John-Wayne- und Clint-Eastwood- Filme geschaut“, schrieb er.
Steltner und die Polizei wollten die öffentlich ausgesetzten Gelder nicht kommentieren. Man habe Kenntnis davon, dass verschiedene Privatpersonen Gelder anböten, sagte ein Polizeisprecher. Er äußerte sich aber nicht zu genannten Höhen. Auch werde die Polizei nicht vermittelnd aktiv; es handele sich um rein private Initiativen.
Bis Dienstagabend hatten sich zehn Menschen mit Hinweisen bei der Polizei gemeldet. F. Jansen/F. Hackenbruch
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: