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Brandenburg: Überholen ohne einzuholen

Brandenburgs PDS will regierungsfähig sein. In der Förderpolitik geht sie weiter als SPD/CDU-Koalition

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Potsdam - Die Linkspartei bereitet sich mit Blick auf die Landtagswahl 2009 systematisch darauf vor, neben Berlin auch im Land Brandenburg mitregieren zu können. Der PDS-Wirtschaftsexperte Ralf Christoffers hat deshalb jetzt in Abstimmung mit der Oppositionsfraktion ein Strategiepapier vorgelegt, in dem konkrete Vorschläge für einen Umbau der Wirtschafts- und Förderpolitik in Brandenburg in Zeiten immer knapperer Kassen gemacht werden. „Wir müssen uns den Realitäten stellen“, sagt der PDS-Politiker. Konkret plädiert Christoffers dafür, künftig in Brandenburg nur noch fünf Wachstumsbranchen zu fördern, nämlich Biotechnologie/Life Science, Luft- und Raumfahrt, Optik und Tourismus sowie Medien. Kriterium für die Spitzenförderung sei allein die „internationale Wettbewerbsfähigkeit“. Das geht deutlich über die von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) eingeleitete Neuausrichtung der Förderpolitik hinaus, nach der 17 ausgewählte Wachstumsbranchen – für Christoffers noch zu viel Gießkannenprinzip – gefördert werden. Dies stelle eine „finanzielle und politische Überforderung des Landes“ dar, heißt es in seinem Papier.

Auch die anderen Vorschläge von Christoffers, die Experten für realistisch halten, klingen nicht unbedingt nach einem PDS-Copyright. So wird ein Umbau der Landesinvestitionsbank (ILB), ja der gesamten Subventionslogik in Brandenburg gefordert: Fördermittel an Unternehmen sollten nicht mehr allein als quasi „geschenkte“ Zuschüsse, sondern zunehmend als langfristige zinsgünstige Darlehen ausgereicht werden. Diese so genannten „revolvierenden Fonds“, die im sozialen Wohnungsbau lange üblich sind und für die Christoffers seit Jahren auch als Wirtschaftsförder-Instrument wirbt, würden sich durch die Tilgungen wieder auffüllen. Inzwischen hat die ILB zwar erste solche Fonds gebildet, deren Größenordnung mit rund 55 Millionen Euro nach Einschätzung von Christoffers aber weit hinter den Erfordernissen von rund 300 Millionen Euro zurückbleiben. „Der Vorteil besteht darin, dass Geld in die Landeskasse zurückfließen würde, wenn ab 2012 die Solidarpaktmittel abnehmen“, so der PDS-Politiker.

Die PDS will, daraus macht die Spitze um Landeschef Thomas Nord und Fraktionschefin Kerstin Kaiser keinen Hehl, Regierungsfähigkeit demonstrieren. So fügt sich das Wirtschaftspapier nahtlos an einen Vorstoß von Landeschef Thomas Nord gemeinsam mit dem Parteistrategen Thomas Falkner an, die kürzlich eine Straffung der staatlichen Strukturen in Brandenburg angeregt hatten. Statt 14 Landkreise sollte es danach künftig acht Regionalkreise geben – mit größerer Autonomie, mehr Entscheidungsfreiheit vor Ort und damit einer Stärkung kommunaler Demokratie.

Hintergrund ist aber nicht nur das Bestreben der PDS, nach 17 Jahren Opposition das Nein-Sager-Image abzulegen. Alle Parteien im Land suchen nach einer Strategie, wie Brandenburg in all seinen Strukturen auf knappere Kassen und die demografische Herausforderung eingestellt werden kann. Dem von der Platzeck-Regierung vorgelegten Leitbild der „Metropolenregion“, das stark auf das dynamische Berliner Umland ausgerichtet war, hatte die PDS ihr eher auf die verarmende Peripherie ausgerichtetes Leitbild vom „Brandenburg der Regionen“ entgegengestellt. Es fällt auf, dass sich beide Konzepte inzwischen annähern. Die Regierung hat ihre Politik stärker auf Randregionen ausgerichtet – die PDS-Opposition ihre Ansätze wieder mehr auf Berlin. Auch bei Christoffers ist diese inhaltliche Annäherung zu spüren: Der als PDS-Realo geltende Wirtschaftsexperte spricht sich in dem Papier dafür aus, die von der Regierung im Rahmen der Politik der „Stärken stärken“ ausgewählten 15 Regionalen Wachstumskerne im Land, also die neuerdings besonders geförderten Städte, die dann auf ihr jeweiliges Umland ausstrahlen sollen, in das strategische Leitbild der Linkspartei aufzunehmen. „Das ist normal“, so Christoffers dazu. „Nicht alles am Konzept der Regierung ist falsch, nicht alles an unserem ist richtig.“

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