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Brandenburg: Überlebende: Geschichtspark im Klinkerwerk Vertrauen der Überlebenden enttäuscht

Oranienburg - Schwere Versäumnisse in der Gedenkstättenpolitik werfen Überlebende des Konzentrationslagers Sachsenhausen dem Land Brandenburg und der Stadt Oranienburg (Oberhavel) vor. Pierre Gouffault, Präsident des Internationalen Sachsenhausen Komitees, forderte gestern auf einer Gedenkfeier zum 64.

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Oranienburg - Schwere Versäumnisse in der Gedenkstättenpolitik werfen Überlebende des Konzentrationslagers Sachsenhausen dem Land Brandenburg und der Stadt Oranienburg (Oberhavel) vor. Pierre Gouffault, Präsident des Internationalen Sachsenhausen Komitees, forderte gestern auf einer Gedenkfeier zum 64. Jahrestag der KZ-Befreiung, der seit 1997 geplante Geschichtspark auf dem Gelände des Außenlagers Klinkerwerk am Rande Oranienburgs müsse ohne Verzug umgesetzt werden. Das Vertrauen der Überlebenden in die Realisierung sei „auf schändliche Weise enttäuscht worden“, erklärte Gouffault. Auch bei der Landesgartenschau (Laga), die am Sonnabend in Oranienburg öffnet, komme das Klinkerwerk nicht vor.

Tatsächlich erinnern ein paar Gedenktafeln an das von Häftlingen als Todeskommando gefürchtete Außenlager, auf dem größten Teil sitzt eine Betonfirma, Fundamente der Baracken sind überwuchert. „Es war ein zentraler Ort der Massaker an Juden Polen, Homosexuellen, Sinti und Roma. Sie wurden hier zu Tode geschunden“, sagte Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Seit 1938 hatte die SS von Häftlingen das Klinkerwerk errichten lassen, mit dort produzierten Ziegeln sollte aus Berlin die Reichshauptstadt „Germania“ erbaut werden.

„Es ist und bleibt ein Friedhof“, so Morsch. 1945 kippte die SS neun Tonnen Asche aus den Verbrennungsöfen des KZ in den Werkshafen, nach massiven Bombenangriffen der Alliierten wurden die Leichen hunderter Häftlinge in den Kratern verscharrt.

Auch der Franzose Pierre Gouffault (85) musste im Klinkerwerk unter Todesangst schuften: „Wir, die letzten Zeitzeugen, die über das furchtbare Geschehen an diesem Ort aus eigener Anschauung noch berichten können, möchten die Realisierung dieses großartigen Projekts noch erleben.“ Die bündnisgrüne Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter forderte von Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) und Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), den Geschichtspark zur Chefsache zu erklären und 2009 – zum 65. Jahrestag der Befreiung – den Grundstein zu legen.

Ursprünglich sollte die Anlage parallel zur Laga fertig sein. Erste Gespräche zwischen Opferverbänden, Gedenkstätten-Stiftung, Stadt und Landesregierung hatte es vor zwölf Jahren gegeben. Für das Kulturministerium steht der Geschichtspark derzeit aber nicht im Fokus. „Die Geschichte des Klinkerwerks ist in der Ausstellung im KZ Sachsenhausen zu finden, und es gibt einen authentischen Ort, an dem würdiges Gedenken möglich ist“, sagte Sprecher Holger Drews.

Stiftungsdirektor Morsch verweist auf die Absprachen zur Laga. „Daher können wir den Ärger der Überlebenden verstehen. "Hier wurde eine Chance vertan“, so Morsch. Dabei hätte die Anlage inklusive teurer Suche nach Weltkriegs-Bomben knapp eine halbe Million Euro gekostet, etwas mehr als ein Prozent vom Gesamtbudget der Laga von 30 Millionen Euro.

Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) erklärte, die Stadt stehe zum Geschichtspark. Die Errichtung zur Laga sei aber an Eigentumsverhältnissen gescheitert. „Wir haben immer wieder beim Land, dem die Flächen gehören, auf die Hemmnisse hingewiesen, auch wie wichtig uns das Projekt ist.“ Für die Laga habe das Land aber nur Flächen im Besitz der Bewerberstädte akzeptiert.

Übrigens war das Außenlager Klinkerwerk nicht einmal im Konzept des Landes zur Erinnerungskultur enthalten. Erst nach zahlreichen Eingaben wurde es eingefügt, den überarbeiteten Entwurf soll das Kabinett im Mai beschließen.

Alexander Fröhlich

Alexander FröhlichD

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