Brandenburg: Und Sperenberg wartet noch immer
Trotz des Votums für Schönefeld gilt die Stadt weiterhin als möglicher Standort für den Großflughafen, was Investitionen blockiert
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Trotz des Votums für Schönefeld gilt die Stadt weiterhin als möglicher Standort für den Großflughafen, was Investitionen blockiert Von Claus-Dieter Steyer Sperenberg - Auf der Landkarte der Großgemeinde „Am Mellensee“ klafft ein großes weißes Loch. Es zieht sich von Sperenberg bis nach Kummersdorf-Gut und erstreckt sich über eine Fläche von 24 Quadratkilometern. Wer das Areal anhand der Karte in der Landschaft sucht, kommt nicht weit: Mauern, schwere Tore, Stacheldraht und Patrouillen von Wachschutzmännern versperren den Weg. Seit mehr als zehn Jahren passiert hier nichts. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Denn das Gelände des einstigen russischen Militärflughafens Sperenberg gilt nach wie vor als mögliche Ersatzfläche für den in Schönefeld geplanten Großflughafen. Berlin, Brandenburg und der Bund hatten sich schon 1996 darauf verständigt, diese Reserve bis zur rechtskräftigen Baugenehmigung für den Schönefelder Airport vorzuhalten. Seitdem passiert in Sperenberg und Umgebung nichts oder jedenfalls nicht viel. Kaum jemand investiert oder siedelt sich mit Gewerbe an, solange die Flughafenfrage nicht entschieden ist. „Eines Tages wird man uns vielleicht völlig vergessen und uns mit der riesigen Fläche allein lassen“, befürchtet Bürgermeister Manfred Donath. „Wird erst einmal der Airport in Schönefeld gebaut, fällt das Eigentum an unserem Flughafen vom Bund an das Land Brandenburg zurück. Das hat aber bekanntlich kein Geld und wird sich dann wahrscheinlich kaum noch um unsere Belange kümmern. Selbst der Wachdienst wird dann kaum noch zu bezahlen sein.“ Die 1996 vom damaligen Ministerpräsidenten Stolpe, dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Diepgen und dem früheren Bundesverkehrsminister Wissmann getroffene Entscheidung, hat der Großgemeinde Am Mellensee und der ganzen Umgebung eine große Chance genommen. Eine holländische Investorengemeinschaft wollte den Flugplatz für 800 Millionen US-Dollar in ein großes Freizeit- und Feriendorf verwandeln. Einen gewissen Teil des Geldes wollten die Unternehmer, die sich ursprünglich am Rande des Spreewaldes ansiedeln wollten, über Kredite aufbringen. Vor wenigen Wochen fand die entscheidende Runde bei der Landesinvestitionsbank statt. Nach Auskunft von Bürgermeister Donath zeigten sich die Banker für das Projekt durchaus aufgeschlossen, verlangten aber Sicherheiten. Das sollten vor allem Eintragungen im Grundbuch sein. Doch der Bund verweigerte seine Zustimmung und verkaufte keine Flächen. In Sperenberg glaubt kaum jemand daran, dass trotz der unsicheren Rechtslage um den Flughafenbau in Schönefeld jemals wieder Maschinen bei einen starten und landen. „Trotz der Tausenden Klagen kriegt das die Politik schon irgendwie hin“, sagt ein Mann vor der Kneipe „Märkischer Landmann“. „Nur ist es schlimm, dass wird deswegen solange in der Luft hängen.“ Tatsächlich wird frühesten in anderthalb Jahren mit dem letzten Urteilsspruch des Bunndesverwaltungsgerichtes in Leipzig über die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für Schönefeld gerechnet. Die Anwälte der mehr als 3000 Kläger halten das ganze Vorhaben schon jetzt als gescheitert. Ein Großflughafen in Schönefeld gefährde durch Lärm und Gestank die Gesundheit zehntausender Anwohner und berge ein hohes Absturzrisiko, argumentieren die Anwälte. Anfang der neunziger Jahre war Sperenberg als der am Besten geeignete Standort für einen großen Airport bewertet worden. Doch die Politik entschied sich gegen den Platz, weil er angeblich zu weit weg von Berlin liege. Auch in Sperenberg traf die Flughafenidee allerdings auf wenig Gegenliebe. Eine starke Bürgerbewegung hatte mehrere Protestzüge organisiert. Damals konnte sich noch jedermann an den Krach erinnern, den die russischen Truppen täglich auf den Rollbahnen verursachten. Über Sperenberg wickelte das im nahen Wünsdorf stationierte Oberkommando sämtliche Flüge ab. Als letzter bestieg hier Generaloberst Matwej Burlakow am 1. September 1994 mit seinem Führungsstab eine Maschine. Er beendete den Abzug der russischen Truppen. Erst danach konnten Besucher das einst hermetisch abgesperrte Gelände besuchen. Sie entdeckten neben den üblichen Kasernen- und Garagenbauten auch manch unerwarteten Bauten. Hinter dem Flugfeld befinden sich zwei See, aus denen Brückenpfeiler herausragten. Soldaten haben hier schon vor 100 Jahren die Überquerung von Wasserflächen geprobt. Auch ein Kraftwerk, Schulungs- und Veranstaltungsräume sowie Flugzeughangars säumten den Weg. Offensichtlich undichte ober- und unterirdische Tanklager verbreiteten vor zehn Jahren schon ein mulmiges Gefühl. Niemand hat sich um diese Hinterlassenschaften bislang ernsthaft gekümmert.
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