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Nach tödlichem Unfall in Cottbus: „Unfassbar und abscheulich“
Der tödliche Unfall einer Gaststudentin aus Ägypten in Cottbus und die späten Ermittlungen zur Volksverhetzung werden nun ein Fall für den Landtag Brandenburg.
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Cottbus - Nach dem Tod einer ägyptischen Gast-Studentin nach einem Autounfall treibt die Staatsanwaltschaft Cottbus ihre Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Beleidigung voran. "Es werden weitere Zeugen vernommen", sagte Behördensprecherin Petra Hertwig am Donnerstag. Unter anderen kämen diese aus der Gruppe, mit der die Studentin kurz vor dem Unfall unterwegs war.
In der Nacht zum 15. April war die 22-Jährige vor der Cottbuser Stadthalle in der Innenstadt an einer Tram-Haltestelle auf die Straße, wo Tempo 30 gilt, getreten. Ein 20 Jahre alter Fahrer aus Dresden erfasste mit seinem Wagen die junge Frau. Sie kam schwer verletzt ins Krankenhaus und starb dort später. Der Wagen hatte laut Polizei ein Dresdner Kennzeichen, die anderen beiden Insassen kommen aus dem Raum Cottbus. Nach PNN-Informationen sind alle drei - der Fahrer und die beiden anderen Insassen - bislang nicht mit politisch motivierten Straftaten bei der Polizei aufgefallen.
Autoinsassen sollen die Studentin noch fremdenfeindlich beleidigt haben
Eine Zeugin hatte einem Artikel der "Lausitzer Rundschau" zufolge Tage später öffentlich bei einer Cottbuser Theaterveranstaltung mit einem Gedächtnisprotokoll davon berichtet, dass Autoinsassen die Verletzte nach dem Unfall mit rassistischen Parolen wüst beleidigt hätten – mit Sätzen wie diesen: „Ja, mir ist klar, dass es bei euch keine Straßen gibt, aber in Deutschland muss man eben auf die Straße gucken.“ Oder: „Verpisst euch doch einfach wieder in euer Land, dann werdet ihr nicht angefahren – scheiß Asylanten.“ Dabei sollen sie gelacht haben.
Nach Bekanntwerden der Schilderung zu Wochenbeginn nahmen Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag und Mittwoch Ermittlungen auf – eineinhalb Wochen nach dem Unfall und eine Woche nach dem Tod der Studentin. Die Staatsanwaltschaft sprach nun mit der Zeugin. Die Abiturientin und ihr Begleiter seien bei der Vernehmung bei ihren Aussagen geblieben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Sie betonte, dass sowohl die Behörde als auch die Polizei zur Wochenbeginn, als die Schülerinnen von ihren Erlebnissen berichtete, von dem Sachverhalt, den die Zeugin schilderte, keine Kenntnis gehabt hätten. Fraglich ist, warum die Polizei nicht von selbst bei einem Opfer aus dem Ausland einen politischen Hintergrund der Tat geprüft hat.
Hätte der Autofahrer den Unfall vermeiden können?
Parallel zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft läuft der Behörde zufolge noch bei der Kriminalpolizei ein weiteres Verfahren, das nach dem Unfall von Amts wegen aufgenommen wurde. Damit soll geklärt werden, ob der Autofahrer den Unfall hätte vermeiden können.
Die Cottbuser Uni teilte mit, dass sie um die getötete Gast-Studentin trauere und den Kommilitonen zur Seite stehen wolle, die dieses Ereignis miterlebt haben.
Münch: "Wenn die Vorwürfe so zutreffen, ist dieser Vorfall eine Schande"
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) forderte eine schnellstmögliche Aufklärung des Vorfalls. "Dass eine junge, tödlich verletzte Frau mitten in Cottbus nach einem Unfall noch fremdenfeindlich und rassistisch beleidigt wird, ist unfassbar und abscheulich", sagte Münch am Donnerstag in einer Mitteilung. "Wenn die Vorwürfe so zutreffen, ist dieser Vorfall eine Schande." Münch, die selbst Cottbuserin ist, betonte, dass ausländische Studierende, Lehrende und Forscher in der Stadt und in Brandenburg willkommen seien.
Der Fall soll im Innenausschuss des Brandenburger Landtags thematisiert werden
Die Grünen-Fraktion im Landtag kündigte an, den Vorfall im Innenausschuss am 11. Mai thematisieren zu wollen. Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnemacher sagte, die Berichte zu dem Fall seien bestürzend. „Bestätigen sie sich auch nur teilweise, hätten wir es hier mit einem besonders perfiden Fall von Menschen- und Fremdenfeindlichkeit zu tun.“ Nonnemacher will Auskunft zu dem Verdacht, dass die Polizei den ausländerfeindlichen Äußerungen anfangs nicht von selbst nachgegangen sein soll. (mit dpa)
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