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Von Klaus Kupjuweit: Unverständnis nach Streikdrohung bei der S-Bahn Verkehrsverbund: Fahrgäste schon genug gebeutelt Arbeitskampf auch bei Regionalbahn möglich

Berlin/Potsdam - Wenn es nicht schlimmer kommen kann, kommt es doch noch schlimmer: Seit fast zwei Jahren mutet die Berliner S-Bahn ihren Fahrgästen in der Region Einschränkungen zu, wie es sie außer im Krieg noch nie gegeben hat. Und jetzt will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) innerhalb des bundesweiten Tarifkonflikts ihre Mitglieder auch noch zum Streik bei der S-Bahn auffordern.

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Berlin/Potsdam - Wenn es nicht schlimmer kommen kann, kommt es doch noch schlimmer: Seit fast zwei Jahren mutet die Berliner S-Bahn ihren Fahrgästen in der Region Einschränkungen zu, wie es sie außer im Krieg noch nie gegeben hat. Und jetzt will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) innerhalb des bundesweiten Tarifkonflikts ihre Mitglieder auch noch zum Streik bei der S-Bahn auffordern. Termine gibt es noch nicht. Der Personalvorstand der Bahn AG, Ulrich Weber, forderte die GDL auf, „zur Vernunft zu kommen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren“.

Auch S-Bahnchef Peter Buchner hofft, dass es nicht zum Streik kommt und unterstützt die Aufforderung Webers an die GDL, wie er den PNN sagte. Der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, Hans-Werner Franz, bittet die GDL, die S-Bahn von Streiks zu verschonen. Die Fahrgäste seien seit zwei Jahren bereits „genug gebeutelt“ worden. Bei bundesweit geplanten Aktionen müsse die Gewerkschaft die besondere Situation in Berlin berücksichtigen. Gespalten reagierte Jens Wieseke vom Fahrgastverband Igeb. Streiks gehörten zur Sozialen Marktwirtschaft, sagte er. Der Ausstand dürfe aber nur das letzte Mittel in tariflichen Auseinandersetzungen sein, und Streikaktionen müssten rechtzeitig angekündigt werden. Dies hat der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky auch bereits zugesagt.

Auch die Bahn kann kaum Zusatzangebote auf die Gleise bringen, um als Ersatz für ausfallende S-Bahnen etwa nach Potsdam mehr Regionalzüge fahren zu lassen. Auch hier gibt es bundesweit keine Reserven. Zudem könnte die GDL auch gleichzeitig bei der S-Bahn und im brandenburgischen Regionalverkehr streiken.

Würde sie sich auf den Regionalverkehr beschränken, wäre wiederum die S-Bahn nicht in der Lage, zusätzlichen Verkehr anzubieten. Sie fährt mindestens bis zum 27. Februar nach ihrem eingeschränkten „Winterfahrplan“. Von und nach Potsdam etwa bliebe es auch bei einem Streik im Regionalverkehr beim derzeitigen 20-Minuten-Verkehr der S-Bahn. Ob dieser „Winterfahrplan verlängert wird, soll sich heute entscheiden.

Bereits im Herbst 2007 hatte die GDL durch Streiks mehrfach den Betrieb der – damals noch funktionierenden – S-Bahn lahm gelegt; gezielt auch im Berufs- und Schülerverkehr. Warnstreiks, die nur wenige Stunden dauern, sind bereits vor der Urabstimmung möglich. Und dass sich die Lokführer für den Streik aussprechen werden, wenn sich die Tarifparteien nicht doch noch vorher einigen, gilt aus sicher.

2008 hatte die GDL in letzter Minute einen Streik bei der S-Bahn und im Regionalverkehr abgeblasen, weil der Tarifstreit noch beendet wuder. Auch damals nahm die GDL keine Rücksicht auf die Berliner Situation. Denn vor ihrer Streikankündigung hatten bereits die Mitarbeiter der BVG im Rahmen ihrer Tarifverhandlungen gestreikt. Dabei hatte die S-Bahn während des BVG-Streiks schätzungsweise rund eine halbe Millionen Fahrgäste mehr als sonst täglich an ihr Ziel gebracht. Und beim Streik der S-Bahner 2007 waren etwa 400 000 Fahrgäste in die Bahnen und Busse der BVG umgestiegen.

Sollten die S-Bahner jetzt erneut streiken, kann die BVG ihr Angebot kaum erweitern, denn Reserven gibt es kaum. Und im Busverkehr ist der Betrieb immer noch eingeschränkt, weil die technischen Probleme an den Fahrzeugen noch nicht abgearbeitet sind.

Klaus Kupjuweit

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