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Sie haben nicht autark agiert: Die Mitglieder des nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos (v.l.n.r)

© dpa

Brandenburgs V-Mann "Piatto": V-Mann-Affäre: Ziel ließ sich Einsatz von Bubis absegnen

Der Ex-Innenminister Alwin Ziel (SPD) und die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags holten sich im Fall des umstrittenen V-Manns „Piatto“ die Rückendeckung des früheren Präsidenten des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis - fernab formaler Entscheidungsgrundlagen.

Stand:

Potsdam - In der Affäre um den umstrittenen Einsatz des V-Manns „Piatto“ für den brandenburgischen Verfassungsschutz und dessen Rolle im Zusammenhang mit dem Neonazi-Mörder-Trio „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in den 1990er-Jahren gerät das Vorgehen des damaligen Landesinnenministers Alwin Ziel (SPD) und der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags immer mehr ins Zwielicht. Ziel und das Kontrollgremium entschieden sich nach PNN-Recherchen trotz erheblicher Zweifel für den Einsatz des wegen versuchten Mordes an einem Nigerianer verurteilten Neonazis Carsten S. – und das fernab formaler Entscheidungsgrundlagen und stattdessen nur aufgrund des Votums des damaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis. Das berichtet jetzt auch „Der Spiegel“.

Carsten S. war in der Neonazi-Szene in Brandenburg eine Führungsfigur und international vernetzt. 1995 wurde er wegen versuchten Mordes an dem nigerianischen Asylbewerber Steve Ereni zu acht Jahren Haft verurteilt, bot sich in Haft dem Verfassungsschutz an und kam mithilfe der Behörde vorzeitig frei. Er galt als wichtigste Quelle aus der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg und darüber hinaus.

Der damalige von 1996 bis 1998 tätige Chef der Verfassungsschutzabteilung im brandenburgischen Innenministerium, der heutige Bundesanwalt Hans-Jürgen Förster, hatte Bedenken gegen die Beschäftigung des Neonazis als V-Mann mit einem Salär von bis zu 1000 Euro monatlich und informierte Ziel. Wäre es nach Förster gegangen, wäre „Piatto“ abgeschaltet worden, wie inzwischen aus den Vernehmungen im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages bekannt ist. Förster hatte sich deshalb an Ziel gewandt. Der damalige Innenminister, der heute Landtagsabgeordneter ist, aber suchte – wie berichtet – Rat bei einer Vertrauensperson , „ob es moralisch vertretbar sei, einen V-Mann wie Piatto zu führen“. Wer die Vertrauensperson war, wollte der SPD-Landtagsabgeordnete bislang aber nicht sagen – auch weil er dazu noch von einem anderen Gremium befragt werden könnte. Zudem ist die Information behördlich als geheim eingestuft.

Nach PNN-Recherchen aber ist diese Person der 1999 verstorbene Bubis, zu dem Ziel ein vertrauliches Verhältnis hatte. Das räumte der SPD-Politiker jetzt ein.  Bubis soll bei einem Treffen mit Ziel und Förster die möglicherweise präventiv nutzbaren Szenekenntnisse Piattos herausgestellt haben. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), hat das damalige Vorgehen Ziels bereits heftig kritisiert und als absurde Angelegenheit bezeichnet. „Ob jemand V-Mann werden oder bleiben kann, dafür muss es in einem Rechtsstaat klare, objektive Kriterien geben. Ich kann als Minister doch nicht einfach einen Außenstehenden konsultieren und von dessen Reaktion meine Entscheidung ableiten“, sagte Edathy den PNN jüngst. Ziel selbst verteidigte am Sonntag sein damaliges Vorgehen.

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie am Montag in den POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN

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