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Brandenburg: Vattenfall: Eine Region, zwei Strategien

Enregiekonzern: In Berlin ohne, in Brandenburg mit Kohle

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Cottbus/Berlin - Zwei Regionen, ein Konzern, zwei Strategien: Während der schwedische Staatskonzern Vattenfall in Brandenburg weiter Braunkohle abbauen und in seinen Kohlekraftwerken verstromen will, wird er in Berlin auf den Bau eines Steinkohlekraftwerkes verzichten und nachwachsende Rohstoffe nutzen.

In Cottbus begann gestern das mehrjährige Braunkohlenplanverfahren für den künftigen Vattenfall-Tagebau Jänschwalde-Nord. Der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg lägen alle Unterlagen vor, sagte deren Vertreter Uwe Sell vor dem Brandenburger Braunkohlenausschuss. Das Planverfahren dauert etwa bis 2015. Für den neuen Tagebau müssten 900 Menschen in den Dörfern Kerkwitz, Atterwasch und Grabko (alle Spree-Neiße) umgesiedelt werden, wogegen sich Widerstand der Betroffenen formiert hat.

Vattenfall Europe wolle im Jahr 2025 mit der Förderung im künftigen Feld Jänschwalde-Nord beginnen, wo 250 Millionen Tonnen Braunkohle liegen. Das kündigte der Chef der Bergbauplanung, Detlev Dähnert, vor dem Gremium an.

Mit dem Brennstoff aus Jänschwalde-Nord soll das benachbarte Braunkohlekraftwerk – derzeit einer der größten Umweltverschmutzer unter Europas Kraftwerken – versorgt werden. Bereits Mitte 2008 war das Braunkohlenplanverfahren für das neue Teilfeld II des Tagebaus Welzow-Süd gestartet worden. Dort müssten etwa 1000 Bewohner ihre Häuser verlassen. Die Stadt Welzow habe beschlossen, mit Vattenfall Verhandlungen über eine sozialverträgliche Umsiedlung des gesamten Ortes statt nur der betroffenen Einwohner zu beginnen.

Brandenburgs Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) sagte in Cottbus, Lausitzer Braunkohle werde auch künftig im Energiemix Brandenburgs benötigt, sagte er in Cottbus. Sie sichere auch mehr als 30 Millionen Euro Gewerbesteuer für die Kommunen.

Der märkische Grünen-Landeschef Axel Vogel riet Dellmann, die Slogans der Braunkohle-Lobby nicht ungeprüft zu übernehmen. „Wir brauchen die Braunkohle zukünftig nicht mehr“, sagte Vogel in Potsdam. Brandenburg werde nach der Energiestrategie der Landesregierung bereits 2020 in der Lage sein, seinen Strombedarf mit erneuerbaren Energien zu decken. Dellmann solle seinen Blick nach Berlin richten, wo Vattenfall die Pläne für ein neues Kohlekraftwerk in Lichtenberg fallenließ. „Spätestens hier müssten ihm Zweifel an der Zukunft der Kohle kommen“, betonte Vogel in einer Mitteilung.

In Berlin hatte Vattenfall gestern offiziell bekannt gegeben, nach jahrelangem Streit auf den Bau eines neuen Steinkohlekraftwerks zu verzichten. Stattdessen entstehen am Standort des alten Heizkraftwerks Klingenberg in Lichtenberg zwei Biomassekraftwerke. Sie sind Teil eines Energiekonzepts mit Investitionen von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro in den nächsten Jahren. Vattenfall will damit seine Emissionen klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) in der Hauptstadt bis 2020 im Vergleich zu 1990 halbieren, von 13,3 (1990) auf 6,4 Millionen Tonnen (2020). Der Senat reagierte erfreut. „Vattenfall geht auf vernünftigen Kurs“, teilte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit.

Die Biomasse-Anlage in Klingenberg soll vor allem mit sonst nicht verkäuflichen Baumteilen aus der Forstwirtschaft befeuert werden. Der Fachmann vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin, Bernd Hirschl, zweifelte am Donnerstag daran, dass Vattenfall seinen Bedarf wie geplant aus einem Umkreis von 200 bis 300 Kilometern decken kann. Nach Konzernangaben werden 400 000 Tonnen Biomasse pro Jahr gebraucht. „Man muss ein großes Fragezeichen dahinter stellen“, sagte Hirschl. So seien für die Brandenburger Biomasseabnehmer die Reserven derzeit knapp. PNN/dpa

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