Brandenburg: Vattenfall lässt Besetzer von den Bäumen holen
Polizeieinsatz gegen Baumbesetzer im Teichgebiet von Lakoma
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Cottbus - „Mütterchen Lausitz“ hebt im Teichgebiet von Lakoma bei Cottbus erschrocken die Hände. Schon vor einigen Jahren wollte der einheimische Künstler Ralf Röhr mit seiner Holzfigur ausdrücken: „Bis hierhin und nicht weiter“. Jetzt steht das drei Meter große und innen ausgekohlte Statussymbol für den Widerstand gegen die vorgesehene Abbaggerung des ökologisch wertvollen Naturschutzgebietes.
Nur wenige Meter davon entfernt hält die Zentrale der Umweltaktivisten von Robin Wood und der Initiativgruppe „Freunde von Lakoma“ den telefonischen Kontakt zu den Frauen und Männern auf den Bäumen. „Seit zehn Tagen halten wir etwa neun Bäume mit 21 Leuten im Gebiet des Hammergrabens besetzt“, sagt Robin Wood-Sprecherin Ute Bertrand. Sie selbst darf nicht nach vorne, wo sich Polizei, Feuerwehr und Sicherheitskräfte mit den Baumbesetzern einen harten Kampf liefern.
„An vier markanten Stellen haben wir Einsatzkräfte zusammengezogen, um unsere rechtlich verbrieften Interessen zur Fortführung des Tagebaus Cottbus-Nord mit aller Konsequenz durchzusetzen“, sagt Vattenfall-Sprecher Peter Fromm. Die Baumbesetzungen seien illegal und die Umweltschützer hätten alle Warnungen und guten Worte zur friedlichen Beilegung des Protestes in den Wind geschlagen. Der Energiekonzern bedauere, dass es nun zu diesen Maßnahmen kommen muss.
Das Gebiet ist hermetisch abgeriegelt. Nur die Medienvertreter, Fotografen und Kameraleute dürfen an den Ort des Hauptgeschehens. Der liegt etwa drei Kilometer entfernt von der hölzernen Symbolfigur.
Schon von weitem hört man das Kreischen der Sägen und das Motorengeräusch der Einsatzfahrzeuge. Eine junge Frau schreit wütend in den Himmel: „Seid doch vorsichtig!“ In luftiger Höhe von acht Metern sitzt der 24-jährige Paul auf einer Holzplattform. Soeben hat ein Sicherheitsmann das Rettungsseil gekappt. Am Baumstumpf der vielleicht 100-jährigen Eiche hat sich Robert angekettet. „Ich gebe nicht auf“, sagt er den Polizisten.
„Auch wenn ihr das Schloss knackt, hat mich der Baum noch fest im Griff“, erklärt der 26-jährige Umweltschützer. Seine Freundin Franziska sitzt nur wenige Meter von ihm entfernt, redet ihm zu, durchzuhalten. Beide haben vor mehreren Jahren in Lakoma gewohnt und wurden von Vattenfall vertrieben.
Gegenüber der Eiche hängt Hannes nur noch an einem Ast. Mit Hubsteiger und Arbeitsbühne haben die Einsatzkräfte der Brandenburger Landeseinsatzeinheit und Feuerwehrleute die Erle schon völlig frei geschnitten. Nach zwei Stunden, gegen 12.25 Uhr, schwebt der Robin Wood-Mann in die Tiefe. „Vielleicht hat unsere Aktion gezeigt, dass man sich gegen den Umweltfrevel wehren muss“, sagt er in die Mikrofone.
Dann wird er in Polizeigewahrsam genommen. „So geht es allen Umweltschützern, die wir heute von den Bäumen holen“, sagt Polizeisprecherin Kati Prajs. Die Festgenommenen kommen zur Feststellung ihrer Identität ins Polizeipräsidium. An der großen Eiche wird unterdessen noch gesägt und der Trennschleifer angesetzt.
Unterdessen flattert das zwölf mal sechs Meter große Robin-Wood-Transparent „Braunkohle heißt Zerstörung und Vertreibung“ im Wind. Bis zur Kante des heranrückenden Braunkohletagebaus sind es nur noch 60 Meter. „Wir müssen uns beeilen, dass wir den Zeitplan nicht durcheinanderbringen“, sagt Vattenfall-Sprecher Peter Fromm.
Ob allerdings alle Umweltaktivisten am Donnerstag von den Bäumen geholt werden konnten, stand am späten Nachmittag noch nicht fest.
„Auch wenn Lakoma verloren wird, geht der Kampf weiter“, sagt Steffi von der Initiativgruppe „Freunde von Lakoma“. Jetzt wollen sie den 900 Einwohnern in den vom Tagebau bedrohten Dörfern in Atterwasch, Grabko und Kerkwitz helfen, ihren Widerstand gegen Vattenfall zu organisieren.
Brita Beyer
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