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Brandenburg: Vattenfall-Studie: CO2-Pipeline kostet 50 Milliarden Euro Linke-Wirtschaftsminister Christoffers bei Parteigenossen wegen CCS–Werbung in der Kritik

Brüssel/Potsdam – Eine europaweite Kohlendioxid-Pipeline, wie sie sich Brandenburgs rot-rote Landesregierung für das bei der Braunkohleverstromung in der Lausitz anfallende Treibhausgas wünscht, kostet wenigstens 50 Milliarden Euro, müsste rund 22 000 Kilometer lang sein und soll möglichst auch mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Das zumindest geht aus einer Studie eines Konsortiums europäischer Energie- und Technologiekonzerne hervor, zu dem auch der schwedische Staatskonzern Vattenfall, Siemens oder der Erdölförderer Schlumberger gehörten.

Von Matthias Matern

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Brüssel/Potsdam – Eine europaweite Kohlendioxid-Pipeline, wie sie sich Brandenburgs rot-rote Landesregierung für das bei der Braunkohleverstromung in der Lausitz anfallende Treibhausgas wünscht, kostet wenigstens 50 Milliarden Euro, müsste rund 22 000 Kilometer lang sein und soll möglichst auch mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Das zumindest geht aus einer Studie eines Konsortiums europäischer Energie- und Technologiekonzerne hervor, zu dem auch der schwedische Staatskonzern Vattenfall, Siemens oder der Erdölförderer Schlumberger gehörten. Ein Projekt, das bei der EU offenbar durchaus auf offene Ohren stößt.

Wie berichtet hatten Vattenfall und Brandenburgs Regierung am Dienstag eine Vereinbarung unterzeichnet, nach der sich der Konzern zugunsten der rot-roten Energiestrategie zu einer deutlichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 bereit erklärt. Dafür werde der Konzern auch „die Optionen von nationalen und internationalen CO2-Infrastrukturen, insbesondere von CO2-Transportinfrastrukturen, intensiv evaluieren“, heißt es. Auf Deutsch: Vattenfall soll das klimaschädliche Gas möglichst außer Landes schaffen und – so der Plan – im Meer versenken.

Evaluieren – das machen die Schweden, die in Brandenburg zwei Kohlekraftwerke und drei Tagebaue betreiben, aber schon länger. Gegründet wurde das Konsortium bereits 2009. Nach dessen Vorstellung soll das CO2 in der Nordsee verpresst werden. Entsprechend seien die Schlüsselpartner die Nordseeanrainer und die von der Kohleverstromung abhängigen Länder Deutschland, Polen und Tschechien, heißt es in der Studie aus dem Jahr 2011. Geeignete unterirdische Speicher gibt es laut Experten auf einer Linie zwischen Schottland und Südnorwegen.

Nach Einschätzung der brandenburgischen Grünen-Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter bereiten sich die Konzerne mit dem durch die EU mit mehr als eine Million Euro geförderten Forschungsprojekt zur Euro-Pipeline auf die Neuauflage entsprechender Förderfonds der EU ab 2014 vor. Die Stimmung sei durchaus wohlwollend. „Ich merke es an Abstimmungen im Parlament, dass es für solche Systeme eine Mehrheit gibt“, sagte Schroedter am Mittwoch. Zumal „eine Riesenlobby“ Interesse an einem solchen Projekt habe. „Die Fracking-Lobby, die CO2-Abscheidungslobby oder die Gas-Unternehmen“, zählte sie auf.

Auch Brandenburgs neuer Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hatte Vattenfall am Dienstag die volle Unterstützung des Landes zugesichert. Erst vergangene Woche hatte Landeswirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) bei einem der wohl einflussreichsten Befürworter einer CO2-Euro-Pipeline in Brüssel, EU-Kommissar Günther Oettinger, Brandenburgs Interesse an dem Projekt bekundet.

Bei Christoffers Parteigenossen kommen solche Gespräche nicht gut an. „Wenn Christoffers Werbung für CCS in Europa macht, dann fände ich das nicht besonders glücklich“, sagte etwa der Linke-Landtagsabgeordnete Peer Jürgens den PNN. Die eigentliche Herbausforderung bestehe doch darin, künftig weniger CO2 zu produzieren. Auch der frühere Landesparteichef und Linke-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord kritisierte das Festhalten Christoffers an der Abspalte- und Speichertechnologie CCS. „Die CO2 -Verpressung ist kein vernünftiger Weg.

Für Vattenfalls Einsparziele in Brandenburg werden die Pläne ohnehin keine Rolle spielen. Bis 2030 sei der Aufbau der Infrastruktur praktisch nicht zu schaffen, sagen Experten. Und auch das Konsortium geht von einem Zeitraum bis 2050 aus. Zu allem Überfluss scheinen die Norweger die Lust am Speichern verloren zu haben. Nach sieben Jahren hat das Land jetzt das weltweit wohl ehrgeizigste Projekt zum Bau einer CCS-Anlage im industriellen Maßstab eingestellt.

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