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Schon verjährt? Über die Erhebung von Wasseeranschluss-Gebühren wird seit Jahten gestritten - bewegt hat sich in Brandenburg bislang nichts

© dpa

Wasser-Gebühren in Brandenburg: Verband: Beitragserhebungen von Altanschließern stoppen

Kein Cent mehr für Zweckverbände: Trotz vom Land attestierter Regelungslücke will der Verband Deutscher Grundstücksnutzer mit einem märkischem Musterfall nach Karlsruhe ziehen.

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Potsdam - Grundstücksbesitzer sollen nicht mehr Jahrzehnte nach einem Wasseranschluss noch Beiträge fürchten müssen. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) verlangt von märkischen Zweckverbänden, laufende Beitragserhebungen von sogenannten Altanschließern sofort zu stoppen. Auch Widerspruchsverfahren sollten bis zu einer politischen oder juristischen Klärung auf Eis gelegt werden, forderte VDGN-Präsident Peter Ohm am Freitag in Potsdam. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vergangener Woche sollte die "Gunst der Stunde" genutzt werden, "um das Thema ein für alle Mal zu zu machen".

Die Karlsruher Richter erklärten eine Bestimmung des bayerischen Kommunalabgabengesetzes für nichtig, nach der unter bestimmten Umständen Wasseranschluss-Beiträge praktisch unbegrenzt im Nachhinein erhoben werden konnten. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Geklagt hatte ein Hausbesitzer aus dem Freistaat, der für ein 1992 errichtetes Dachgeschoss zwölf Jahre später einen Kanalbeitrag zahlen sollte.

Das märkische Innenministerium hatte am Donnerstag im Fachausschuss des Landtags Lücken im eigenen Kommunalabgabengesetz eingeräumt und einen eigenen Änderungsentwurf bis Ende April angekündigt. Eine direkte Anwendbarkeit des Karlsruher Richterspruchs lehnte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) aber ab. "Die im Urteil angesprochenen Rechtsbegriff und -sätze sind auf Brandenburg anwendbar", sagte der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Henryk Wichmann. Über Fraktionsgrenzen hinweg sollte jetzt eine CDU-Gesetzesinitiative zu Musterverfahren diskutiert werden.

Aktuell unterstützt der VDGN verschiedene Klagen von Altanschließern, die sich allesamt auf der Ebene des Oberverwaltungsgerichts (OVG) befinden. "Mit der märkischen Regelung, dass eine Verjährung erst mit dem Vorliegen einer rechtsgültigen Wasser- und Abwassersatzung beginnt, drehen wir uns seit Jahrzehnten im Kreis", erklärte Ohm. Gerichtsrunde für Gerichtsrunde würden zwar Satzungen zu Fall gebracht. Jedes Mal starte aber die Verjährungsfrist von neuem. "Es nervt, weil wir keinen Millimeter vorangekommen sind", ergänzte VDGN-Sprecher Holger Becker.

Jetzt will der Verband mit einem brandenburgischen Musterfall selbst vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dafür müssten die OVG-Richter einfach aussetzen und Karlsruhe anrufen.

Aber schon mit dem aktuellen Karlsruher Urteil steige der Druck auf das Land. Erstes Indiz hierfür sei die Reaktion des Innenministeriums. "Sie wollen partout kein eigenes Bundesverfassungsgerichtsurteil. Deshalb jetzt das Eingeständnis einer Regelungslücke", betonte Ohm.

"Wenn man aber vom einem Betrags- zu einem Gebührenmodell für Wasser- und Abwasserkosten wechseln würde, könnte der Streit schnell beigelegt werden", so der VDGN-Präsident. Außerdem plädiere Ohm für eine vierjährige Verjährungsfrist. "Beginn sollte mit dem Ende der Anschlussarbeiten und mit dem Datum der Schlussrechnung starten", sagte Ohm. Eine Stichtagsregelung lehnte er ab. Dies könne schnell ausgehöhlt werden. (dpa)

Georg-Stefan Russew, dpa

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