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Freier Zugang. Der freie Zugang vieler Brandenburger Seen scheint gefährdet. Auch am Scharmützelsee zog ein Investor einen Zaun und unterbrach so den Uferweg.

© Mike Wolff

Von Alexander Fröhlich: Verbotene Seeufer

Brandenburg wirbt mit Wasserreichtum – doch immer mehr Zugänge werden von Eigentümern gesperrt

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Potsdam – Am Wochenende eine Ausflug machen, am See spazieren gehen, baden und Boot fahren – im Tourismusland Brandenburg könnte das immer mehr zum Problem werden. Deutschlandweit ist die Vielzahl an Gewässern einmalig. Derzeit entzündet sich Streit um Uferwege am Griebnitzsee, am Groß Glienicker See oder Fahrländer See in Potsdam. Dabei versuchen Eigentümer auch anderswo, Spaziergänger auszusperren.

Wie berichtet, haben drei Anrainer Am Groß Glienicker See, direkt hinter Kladow, den Uferweg gesperrt. Der Bereich gehört zwar den Hausherren. Doch nach Ansicht des brandenburgischen Umweltministeriums dürften sie keine Zäune aufstellen. „Dort liegt das Landschaftsschutzgebiet Königswald und nach geltender Ordnung dient es der naturnahen Erholung“, sagte Andreas Piela, Referent in der Naturschutzabteilung. „Die Naherholung wird hier massiv unterbunden und das zu seiner Zeit, wo man den See auch dafür nutzt.“

Auch die Landesverfassung macht Natur zum Allgemeingut. Land und Gemeinden verpflichtet sie, der „Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Wäldern, Seen und Flüssen zu eröffnen“. Die Wirklichkeit sieht anders aus. „Die Privatisierung von Gewässern und öffentlichen Uferbereichen scheint ein Trend zu sein“, sagt Rüdiger Herzog, Landesvorsitzender der Naturfreunde Brandenburg. „Dem muss man Einhalt gebieten.“

Dabei hat der Landtag bei der letzten Novelle des Naturschutzgesetzes im Jahr 2004 eine Gesetzesregelung kassiert, wonach Gemeinden Betretungsrecht auf unbebauten Flächen durchsetzen konnten. Das Umweltministerium wollte dies nach dem Vorbild von Baden-Württemberg verschärfen und auf besiedelte Flächen ausdehnen. „Das hätte im Fall Griebnitzsee gegriffen“, erklärte Piela. „Aber der Paragraph wurde vom Landtag gestrichen, zugunsten des Bürokratieabbaus.“

Piela sieht dennoch bei den Kommunen fehlenden „Planungswillen“, besonders in Schutzgebieten. So hätte ein Investor für eine Marina am Werbellinsee mit Hilfe der Gemeinde versucht, den Uferbereich zu sperren. Auch am Madlitzer See bei Fürstenwalde tue die Gemeinde nichts dagegen, dass für eine große Ferienanlage der Uferbereich im Landschaftsschutzgebiet geschlossen wird. „Diese Auseinandersetzungen müssen wir seit Jahren führen, viele Gemeinden nicken einfach alles ab, was ihnen ein Investor vorlegt.“ Ähnliches gab es am Schwielowsee, wo das Ministerium bei einem Hotel den Erhalt des Uferzugangs durchsetzte. Am Scharmützelsee dagegen hatte ein Investor ein altes Ferienheim aufgekauft, Uferweg und Strand wurden dichtgemacht. Am Wandlitzsee will ein Käufer von Anliegern Geld für die Stege, von der Gemeinde für die Badestelle.

Die Gemeinde Am Mellensee (Teltow-Fläming) will das für den gleichnamigen Mellensee verhindern. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat vergangenen Sommer dem Land den See zugeschlagen, ein Wasserwanderstützpunkt ist nun geplant. „Aber wir können nichts machen“, sagt Bürgermeister Frank Broshog (parteilos). Die bundeseigene Bodenverwaltungs- und -verwertungs GmbH habe Einspruch eingelegt. „Die will den See meistbietend verkaufen. Dafür haben wir kein Geld.“ Broshog hofft nun auf eine laufende Petition im Bundestag gegen diese Praxis.

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