Brandenburg: Verdeckte Kandidaturen der NPD Verfassungsschutzchefin:
Partei nicht unterschätzen
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Potsdam - Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und der Verfassungsschutz rechnen bei der Kommunalwahl im Herbst 2008 mit verdeckten Kandidaturen von Kadern der rechtsextremen NPD. „Wir wissen allerdings nicht, wie viele Wölfe imSchafspelz antreten“, sagte Schönbohm gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2008. Doch gebe es Erkenntnisse aus anderen Bundesländern, wo NPD-Kader bei Kommunalwahlen als parteilose Einzelbewerber angetreten seien und sich erst danach offenbart hätten.
Die NPD hat derzeit zusammen mit ihrer Jugendorganisation in Brandenburg 250 Mitglieder, etwa 20 mehr als im Vorjahr. Vom Verbot mehrerer Neonazi-Kameradschaften habe die Partei kaum profitiert, sagte Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber. Trotzdem dürfe die Partei, die nach einer Umfrage derzeit über ein Wählerpotential von vier Prozent verfügt, nicht unterschätzt werden. Laut Verfassungsschutzbericht gibt es in Brandenburg 1230 Rechtsextremisten, 90 weniger als im Vorjahr. Die linksextreme Szene zählt 615 Mitglieder.
Grundsätzlich hat sich Schönbohm zufolge das Engagement gegen Extremismus und Gewalt gelohnt: Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten sank laut dem Bericht um 50 auf etwa 500. Zudem blieb die Zahl politisch motivierter Straf- und Gewalttaten weitgehend konstant. „Das ist ein Erfolg“, meinte der Minister.
Nach der ebenfalls gestern vorgestellten Statistik politisch motivierter Kriminalität wurden im vergangenen Jahr 1923 solcher Straftaten gezählt, etwas weniger als ein Jahr zuvor (1943). Davon waren mit 1361 die meisten rechtsmotiviert; ein Jahr zuvor waren es 38 mehr. Linksmotiviert waren 171 Taten, deutlich mehr als 2006 (118). Grund für den Anstieg seien hier die Taten im Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel in Heiligendamm, hieß es.
Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten stieg um 3 auf 93, die von Linksextremisten um 4 auf 36. Insgesamt waren 161 Menschen von extremistischer Gewalt betroffen. In 78 Fällen waren es gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken. Seit 2004 habe sich die Zahl rechter Gewalttaten in Brandenburg um mehr als 11 Prozent verringert, berichtete Schönbohm. Bundesweit sei diese Zahl dagegen von 2004 bis 2006 um 34 Prozent gestiegen. 82 Prozent der politischen Gewalttaten wurden aufgeklärt; im Bundesdurchschnitt waren es 2006 rund 72 Prozent. Allerdings lag die Aufklärungsquote in Brandenburg 2005 noch bei 90 Prozent.
Sorge bereite der große Anteil junger Menschen an extremistischen Taten, sagte Schönbohm. Fast 60 Prozent der Tatverdächtigen rechtsextremistischer Gewalttaten waren demnach unter 21 Jahren (57,1 Prozent). Der Direktor des Landeskriminalamtes, Dieter Büddefeld, beschrieb den typischen rechtsextremen Gewalttäter als männlich (97,6 Prozent der Tatverdächtigen), unter 21 Jahre alt (57 Prozent) und alkoholisiert (55,9 Prozent). thm/dpa
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