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BRANDENBURG: Versorgungsfall: Staatskanzleichef ist jetzt Beamter
Brandenburgs Landesregierung hatte bislang kein Problem mit dem Angestellten Albrecht Gerber – jetzt aber ist er Staatsdiener. Es ist eine pikante Personalentscheidung von Ministerpräsident Matthias Platzeck.
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Potsdam - Albrecht Gerber, Chef der Staatskanzlei von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), ist jetzt auch von seinem Status her richtiger Staatsdiener. Er ist jetzt nicht mehr Angestellter, sondern politischer Beamter. Vor genau einer Woche stimmte der Landespersonalausschuss dem zu und stellte Gerbers Befähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes fest. Damit hat der 45-Jährige enge Vertraute von Platzeck den Beamtenstatus auf Lebenszeit – wie die Vorgänger Clemens Appel und Rainer Speer. Die Staatskanzlei bestätigte entsprechende PNN-Informationen.
Die Personalie ist pikant. Platzeck selbst hat die Verbeamtung beantragt. Offiziell heißt es, die Staatskanzlei sei damit der in den anderen Bundesländern üblichen Praxis gefolgt, wonach kein Staatskanzleichef im Angestelltenverhältnis beschäftigt ist, sondern alle Beamte oder im Range eines Ministers sind. Gerber ist seit November 2009 Platzecks Kanzleichef, zuvor war er bereits Abteilungsleiter in der Staatskanzlei.
Bislang hatten Gerber und auch die Staatskanzlei aber kein Problem mit dessen Status’ als Angestellter. Ganz im Gegenteil. Die Landesregierung sah das Beamtenverhältnis für Staatssekretäre lange Zeit ausdrücklich nicht als Normalfall an – obwohl dies rechtlich äußerst umstritten ist. Einige der aktuellen Staatssekretäre sprechen von einem veralteten Staatsverständnis und lehnen ein Beamtenverhältnis für sich sogar entschieden ab – weil sie ihre persönliche Freiheit bewahren und als Beamter nicht abhängig vom Dienstherrn sein wollen. Angestellte sind Daniela Trochowski (Finanzen), Daniel Rühmkorf (Gesundheit/Umwelt), Martin Gorholt (Wissenschaft/Kultur) und Sabine Stachwitz (Justiz).
Für die Landesregierung ist die Art des Beschäftigungsverhältnisses auch eine Geldfrage. Politische Beamte erhalten, wenn sie entlassen und in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, was jederzeit geschehen kann, üppige Versorgungsleistungen. Seit 1990 sind insgesamt 45 politische Beamte mit Anspruch auf Versorgungsbezüge und Ruhegelder (monatlich rund 3500 Euro) ausgeschieden, davon 34 Staatssekretäre. Allein im Jahr 2005 zahlte das Land mehr als zwei Millionen Euro an Versorgungsbezügen, 2006 waren es etwas mehr als 1,8 Millionen Euro.
Tatsächlich aber ist die Ministerialbürokratie in dieser Frage gespalten, ob Staatssekretäre Beamte sein müssen oder Angestellte sein dürfen. Juristen hatten dies bereits im Herbst 2009 geprüft, als Rot-Rot die Regierung übernahm. Der rechtliche Streit wurde dann politisch entschieden. Die Staatskanzlei vertrat eine klare Linie: „Nur die Staatssekretäre, die vor der Ernennung zum Staatssekretär bereits als Beamte tätig waren, wurden im Beamtenverhältnis zum Staatssekretär ernannt.“
Aus Sicht renommierter Staats- und Verwaltungsrechtler begeht die Landesregierung mit dieser Praxis aber Verfassungsbruch. Darunter sind der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis und der Verwaltungsrechtler Klaus Herrmann aus der Potsdamer Kanzlei des früheren brandenburgischen Verfassungsrichters Matthias Dombert. Sie sagen, dass das Grundgesetz den Beamtenstatus für Staatssekretäre wegen dessen hoheitlicher Aufgaben zwingend vorschreibt. Tatsächlich sind Staatssekretäre im Nachbarland Berlin politische Beamte, dort wird dieses Beschäftigungsverhältnis wegen der besonderen Bedeutung des Postens als Regelfall angesehen. Battis: „Eine hoheitlichere Aufgabe als die Führung eines Ministeriums gibt es überhaupt nicht.“
Zumindest im Fall Gerber ist diese rechtliche Frage nun geklärt. Selbst die Staatskanzlei argumentiert jetzt, Gerber erfülle hoheitliche Aufgaben, wenn er als Kanzleichef die Regierungsarbeit koordiniert. Bei den anderen angestellten Staatssekretäre sieht das die Landesregierung offenbar anders, sie sollen nicht verbeamtet werden.
Intern ist die Personalie Gerber ohne umstritten, von einem Versorgungsfall ist die Rede. Gerbers Befähigung zum Beamtenverhältnis musste erst festgestellt werden und zwar wegen des „besonderen Interesse des Landes“. Denn er ist Politikwissenschaftler, hat aber kein juristisches Staatsexamen. Offiziell heißt es zudem, die Verbeamtung erfolgte unabhängig von Gerbers Alter. Aus dem Umfeld des Landespersonalausschusses ist dagegen die Rede von einer eiligen Entscheidung, bevor Gerber 45 Jahre alt wird. Denn danach ist eine Verbeamtung noch schwieriger und nur in Ausnahmefällen durchsetzbar. Zudem ist der Vorgang vom Zeitpunkt her auffällig und wurde von der Staatskanzlei auch nicht selbst publik gemacht. Die Ruhestandsbezüge verbeamteter Staatssekretäre sollen gekürzt werden. Ein Gesetz dazu ist seit mehr als einem Jahr in Arbeit. Einschnitte bei der Ministerversorgung hat das Kabinett bereits beschlossen, die Sache liegt jetzt beim Landtag.
Damit hat Gerber aber als Bestandsfall Anspruch auf die bisherigen Bezüge, die Neuregelung mitsamt gekürzter Versorgung trifft ihn nicht. Den Anlass für die Kappung der Versorgungsbezüge entlassener Staatssekretäre und Minister gab übrigens Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD). Der frühere enge Vertraute von Platzeck ging mit seinem Rücktritt 2010 in den gut dotierten Ruhestand.
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