Brandenburg: Verteidigungsminister hält an „Bombodrom“ fest Landräte „enttäuscht“ über Schreiben von Jung
Linke-Politiker: Anwohner wollen zivile Nutzung
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Neustrelitz/Neuruppin - Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hält den geplanten Luft-Boden-Schießplatz in Nordbrandenburg weiter für unverzichtbar. Das geht aus einem Schreiben des Ministers an die Landräte in Waren, Neustrelitz und Neuruppin hervor, wie die Kreisverwaltungen am Freitag mitteilten. Die Landräte Bettina Paetsch (CDU), Kathrin Knuth (CDU) und Christian Gilde (SPD) befürchten, dass der vom sogenannten Bombodrom ausgehende Fluglärm 15 000 Arbeitsplätze im Tourismus gefährden könnte. Nach Ansicht von Jung kann es nur um einen gerechten Ausgleich zwischen regionalen Interessen und verteidigungspolitischen Belangen gehen.
Die Landräte hatten Jung mit Verweis auf den langjährigen Streit vor Gerichten gebeten, die Planungen für den Tiefflugübungsplatz aufzugeben. Angesichts heutiger Gefahren wie der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus seien gut ausgebildete und schnell verfügbare Einsatzkräfte mehr denn je erforderlich, erklärte jedoch Jung. Dies gelte besonders für die Luftwaffe, die dazu kontinuierlich üben müsse. Ein Luft-Boden-Schießplatz Wittstock biete wie kein anderer Ort in Deutschland und im nahen Ausland „vergleichbar hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten“ und sei der einzige Platz bundesweit, der die Übung realitätsnaher Einsätze erlaube.
Die Lärmbelastungen für die Region werden sich laut Ministerium in „einem zumutbaren Rahmen halten“. So seien „Selbstbeschränkungen“ bei Überflügen bestimmter Gebiete wie der Müritz sowie eine Unterbrechung der militärische Nutzung in den Sommerferien beider Bundesländer, an Wochenenden und Feiertagen geplant. Die Landräte äußerten sich über die Antwort des Verteidigungsministers „enttäuscht“.
Um den rund 14 000 Hektar großen ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatz wird seit 15 Jahren gestritten. Vor allem Tourismus-Anbieter in der Region befürchten eine starke Lärmbelastung und damit einhergehende wirtschaftliche Einbußen. Bisher verhindern Gerichtsentscheidungen die Inbetriebnahme des „Bombodroms“. Erst am Neujahrstag hatten wieder 1200 Menschen gegen die Militärpläne protestiert.
Der brandenburgische Landtagsabgeordnete der Linken, Thomas Domres, warf Jung vor, „weiter als Blindgänger unterwegs“ zu sein. Der Minister erkläre immer noch, es gehe um einen gerechten Ausgleich zwischen regionalen Interessen und verteidigungspolitischen Belangen. „Dies ist mehrfach in den vergangenen Monaten eindeutig widerlegt worden“, betonte der Politiker einer Mitteilung zufolge. Die in der Kyritz-Ruppiner Heide lebenden Menschen wollten endlich eine zivile Nutzung des Geländes. Die Bundeskanzlerin sei in der Pflicht, „ihren Verteidigungsminister zu entschärfen“, forderte Domres. dpa
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