Brandenburg: Verurteilter Mörder auf der Flucht
Der 56-Jährige gilt als gewalttätig und alkoholkrank / Von Freigang aus Berlin nicht zurückgekehrt
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Brandenburg/Havel - Ein wegen Mordes verurteilter Mann hat nach mehr als 20 Jahren Haft einen Freigang zur Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel (JVA) genutzt. Der 56-Jährige gilt nach Polizeiangaben als gewalttätig und alkoholkrank. Bundesweit läuft die Fahndung nach ihm auf Hochtouren. „Es gehen aus ganz Deutschland Hinweise ein, eine heiße Spur fehlt aber immer noch“, sagte ein Polizeisprecher am Montag.
Der 1987 wegen Mordes und Vergewaltigung zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Mann befinde sich seit zwei Jahren im offenen Vollzug, sagte der Sprecher des Potsdamer Justizministeriums, Thomas Melzer. „Er ist nach 168 Ausgängen ohne Begleitung immer pünktlich wieder in die JVA gekommen.“ Im Gegensatz zu den Polizeiangaben habe das Justizministerium keine Hinweise auf eine Gewalttätigkeit des Mannes.
„Bereits seit fünf Jahren konnte der Häftling bei begleiteten Ausführungen und dann Ausgängen alleine für eine bestimmte Zeit das Gefängnis verlassen“, sagte Melzer. Der Flüchtige wollte demnach am Freitagmorgen nach Berlin, um dort an einem Treffen einer Selbsthilfegruppe zur Alkoholtherapie teilzunehmen. „Zu dem Treffen ging er auch noch, zur anschließenden Sitzung bei seiner Therapeutin erschien er aber nicht mehr“, sagte Melzer. Der Gesuchte ist 1,78 Meter groß und kräftig. Er hat eine Tiger-Tätowierung an der linken Schulter. Die Polizei hofft weiter auf Hinweise.
Nach Auskunft von Melzer handelte es sich um eine Beziehungstat, wegen der der heute 56-Jährige verurteilt worden war. Wegen seines Alkoholproblems sei er nicht nach Verbüßung der auf 18 Jahre festgelegten Mindesthaftzeit auf freien Fuß gekommen. Der Mann arbeitet seit längerem im Außenreinigungskommando der JVA, auch da habe es keinerlei Probleme gegeben. „Es ist das erste Mal seit 2004, dass in der JVA Brandenburg/Havel ein Ausgang missbraucht wurde“, betonte Melzer. In dem größten Gefängnis Brandenburgs sitzen derzeit 91 so genannte Freigänger. Insgesamt gibt es rund 660 Haftplätze.
Landesweit hatten immer wieder Strafgefangene Ausgänge, aber auch andere Gelegenheiten zur Flucht genutzt. Während der Hochzeit seiner Schwester war 2002 ein 29-jähriger Sexualstraftäter der JVA Brandenburg/Havel seinen Bewachern entwischt. Er wurde eine Woche später gefasst. Im März 2003 gelang einem Häftling dieses Gefängnisses nach einem Familienbesuch die Flucht. Im Juni 1994 war ein 35-jähriger Häftling während eines Fußballspiels außerhalb des Gefängnisses Brandenburg/Havel entwichen. Im Sommer 1998 nutzte ein 15-Jähriger die Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung in Oranienburg zur Flucht. Auch bei Arztbesuchen sind schon Gefangene entkommen. Aus dem Maßregelvollzug, der dem Sozial- und nicht dem Justizministerium untersteht, war unter anderem der Sexualstraftäter Frank Schmökel mehrfach bei Freigängen entkommen. Ihm gelangen auch Ausbrüche. dpa
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