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Von K. Kurpjuweit, Th. Metzner und U. Zawatka–Gerlach: Verzug beim Airport-Bau beschäftigt Parlamente

Opposition spricht von „wirtschaftspolitischer Katastrophe“ und kritisiert die Regierungschefs Wowereit und Platzeck

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Potsdam/Berlin - Wegen drohender Verzögerungen beim Bau des Großflughafens BBI geraten die Regierungen in Berlin und Brandenburg unter Erklärungsdruck. In beiden Parlamenten bezweifelt die Opposition, dass der jeweilige Regierungschef - Klaus Wowereit in Berlin, Matthias Platzeck in Potsdam - als Aufsichtsräte der Gesellschaft von den neu aufgetretenen Problemen wirklich nichts gewusst haben. Auf Antrag der CDU kommt am heutigen Dienstag in Brandenburg der Wirtschaftsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen. „Wir verlangen Aufklärung, wer wann was gewusst hat“, sagte der CDU-Vertreter Dierk Hoemyer den PNN. „Ein Jahr Verzögerung können wir uns nicht leisten, weder wirtschaftlich, noch politisch und finanziell.“ An der Sondersitzung sollen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und Flughafenchef Rainer Schwarz teilnehmen. Er habe von den Problemen erst am Wochenende erfahren, sagte Christoffers, selbst Mitglied des Aufsichtsrates. Das werde auf der nächsten Sitzung zur Sprache kommen.

In Berlin muss auf Antrag aller fünf Parlamentsfraktionen Wowereit am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses Rede und Antwort stehen. „Wenn die Informationen stimmen, dass BBI ein halbes oder ein Jahr später eröffnet wird, wäre dies ein herber Rückschlag für das wichtigste Infrastrukturprojekt der Region Berlin-Brandenburg“, sagte Berlins CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel. Sollte es sich bestätigen, dass der Aufsichtsrat schon seit Ende März informiert gewesen sei, sei dies ein Skandal.

Der FDP-Fraktionschef Christoph Meyer sprach von einem „Schlag ins Gesicht Wowereits“, der sich von Anfang an auf eine pünktliche Eröffnung des Großflughafens in Schönefeld im Oktober 2011 festgelegt habe. „Wenn er von den Verzögerungen nichts wusste, hat er seine Pflichten als Chef des Aufsichtsrats vernachlässigt“, so Meyer. „Wenn er etwas wusste, hat er die Öffentlichkeit und das Parlament in Unwissenheit gelassen.“ Für den Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sind die möglichen Bauverzögerungen „eine struktur- und wirtschaftspolitische Katastrophe“.

Dagegen sieht der Chef der Linksfraktion, Udo Wolf, noch Chancen, im Zeitplan zu bleiben. Es müsse geprüft werden, ob BBI den Betrieb aufnehmen könne, auch wenn die Bauarbeiten noch nicht beendet seien. „Zudem müssen wir schauen, ob Verantwortliche in Regress genommen werden können.“ Seiner Kenntnis nach, so Wolf, sei Wowereit bisher von Bauverzögerungen von höchstens drei Wochen ausgegangen. „Offenbar war er nicht vollständig informiert.“ Auch der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller sagte, ihm seien längere Bauverzögerungen nicht bekannt gewesen. Es müsse jetzt alles getan werden, um den Termin trotzdem einzuhalten.

Keinesfalls werde man auf eine Baustelle ziehen, heißt es bei der Flughafengesellschaft. Davor warnen, wie berichtet, auch die Fluggesellschaften. Vor einem Umzug müsse gewährleistet sein, dass der neue Flughafen voll funktionsfähig ist. Auch der Flughafen München ist erst nach Abschluss der Bauarbeiten umgezogen und das zweite Abfertigungsgebäude dort ebenfalls erst eröffnet, nachdem alle Bereiche betriebsbereit waren.

Die Münchener organisieren mit ihrer Erfahrung auch die Umzüge zum neuen Flughafen in Schönefeld. In einer Nacht ziehen dann Schönefeld-alt und parallel dazu Tegel auf den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg „Willy Brandt.“ Noch befinde man sich in der Vorbereitungsphase, sagte der Münchener Flughafenchef Thomas Weyer, der die Umzugstruppe leitet. Die Planungen sehen zwar weiter die Nacht auf den 30. Oktober 2011 vor, doch auch auf einen anderen Termin könne man sich flexibel einstellen. Experten warnen allerdings vor einem Umzug im Winter.

Bei einer späteren Eröffnung steigen zwar wohl die Kosten für das Projekt, das vorgesehene Finanzvolumen müsse aber nicht zwangsläufig überschritten werden, sagen Insider. Im Budget gibt es auch Posten für unvorhergesehene Ausgaben, zu denen auch Terminverschiebungen gehören. Auch die bisher mit Mietern von Läden und Gastronomiebereichen abgeschlossenen Verträge enthalten Klauseln für Verzögerungen. Dumm ist die Situation jetzt für Flughafenchef Rainer Schwarz. Sein Vertrag läuft turnusmäßig Ende Mai 2011 aus. Über eine Verlängerung wird in der Regel ein Jahr vorher entschieden.

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