Radfahren in Brandenburg: Viele Brandenburger Radwege sind sanierungsbedürftig
Brandenburg ist bei Fahrradtouristen beliebt. Doch die Radwege verfallen, weil zu wenig saniert wird. Grüne und ADFC fordern mehr Geld und ein Umdenken.
Stand:
Potsdam - Noch nimmt Brandenburg im bundesweiten Ranking unter den Top 10 der beliebtesten Fahrradregionen einen der vorderen Plätze ein. Doch das könnte sich ändern. „Mehr als 50 Prozent der Radwege müssen saniert werden, die dafür vorgesehenen Mittel sind völlig unzureichend“, klagt der Landtagsabgeordnete Michael Jungclaus (Grüne). Auf vielen touristischen Strecken besteht aus Sicht von Radfahrern mittlerweile Sturzgefahr, so auf dem Havelradweg oder dem Storchenradweg rund um den Beetzsee. Oftmals wurde nur Asphalt auf den Boden gekippt, der durch Baumwurzeln schnell wieder zerstört wird.
Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) schneiden nur Bayern, das Münsterland, die Ostseeregion, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg in Umfragen besser als die Mark ab. Zwar habe das Land ein gut ausgebautes Radwegenetz, so Brandenburgs ADFC-Geschäftsführerin Lea Hartung. Doch sei das Fahrrad noch immer nicht Teil eines Gesamtverkehrskonzepts. „Es fristet noch immer ein Nischendasein“, sagt Hartung.
Kein Brandenburger Radweg erhält die Bestnote
Am Donnerstag will der ADFC auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin die Ergebnisse der neuesten Umfrage zum Thema Radrouten und Radurlaub vorstellen. Experten erwarten mit Spannung, wie Brandenburg in diesem Jahr abschneidet. Bundesweit setzen viele Gemeinden ihre touristischen Hoffnungen in Fernradwege auf ehemaligen Bahntrassen, weil diese in der Regel geradlinig und abseits vom Straßenverkehr verlaufen. Achim Bartoschek, der alle Bahntrassenradwege in Deutschland abgefahren ist und sie bewertet hat, gibt keinem einzigen Brandenburger Weg die Bestnote – andere Bundesländer sind deutlich weiter als Brandenburg.
Der grüne Abgeordnete Jungclaus hält das märkische Radwegenetz insgesamt für ausreichend. „Allerdings gibt es noch immer zu viele Lücken an Bundes- und Landesstraßen sowie an Schulwegen.“ Hier müsste der Ausbau fortgesetzt werden, was mit den bisher vorgesehenen Geldern aber kaum möglich sei. Nach seinen Angaben entfallen von den im Doppelhaushalt für 2017 und 2018 vorgesehenen rund 140 Millionen Euro für Straßenplanung und -neubau gerade einmal 9,2 Millionen auf den Radwegebau entlang der Landesstraßen.
Potsdam sei sehr bemüht, bei anderen Kommunen "passiert nichts"
Zwar sollen bis 2019 rund 40 Millionen Euro Fördergelder von Land und Bund bereitstehen. Unklar ist aber, wie viele der Kommunen kofinanzieren können. Einige Kommunen, wie Potsdam und Oranienburg (Oberhavel), seien beim Radverkehr sehr bemüht, hat Dirk Wetzel von der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH beobachtet. „Bei anderen passiert nichts.“
In seinem jüngsten Prüfbericht stellt der Landesrechnungshof fest, viele Radwege hätten bereits 2012 die Nutzungsdauer von 15 Jahren erreicht, sodass „erste größere Erhaltungsmaßnahmen“ erforderlich gewesen seien. Da hatte die Landesregierung bereits einen Investitionsbedarf von 13 Millionen Euro ermittelt. Doch statt mehr Geld in die Hand zu nehmen, wurden die Mittel 2013 von sieben Millionen Euro in den Vorjahren auf 2,5 Millionen Euro zusammengekürzt. Für den Fahrradexperten Benno Koch hatte Brandenburg zu dieser Zeit beim Radwegeausbau bereits eine „Vollbremsung“ vollzogen. Koch war von 2002 bis 2009 Fahrradbeauftragter des Berliner Senats und veranstaltet eigenen Angaben zufolge pro Jahr rund 50 geführte Radtouren durch die Mark. „Kilometerlange Abschnitte sind durch Wurzelausbrüche so zerstört, dass ich keinen Spaß mehr daran habe, dort Radtouren anzubieten“, sagt er.
Behindert wird die Radverkehrsförderung in Brandenburg durch die auf drei Ministerien verteilte Zuständigkeit. Die Koordination zwischen den drei Ministerien soll eine 2004 eingesetzte interministerielle Arbeitsgruppe im Verkehrsressort leisten, die ist aber ohne Zugriff auf Haushalts- und Fördermittel.
Radweg in Beelitz-Heilstätten: Schotterpiste statt Asphalt
Nur ein Beispiel für die Zersplitterung: In den vergangenen Jahren ist der Europaradweg R1 zwischen Borkheide und Ferch ausgebessert worden. Der Anschluss in Beelitz-Heilstätten wurde wieder vergessen zu asphaltieren; seit mehr als zehn Jahren endet der R1 in 15 Metern Schotter vor der Landstraße L88 – weil die in eine andere Zuständigkeit fällt. Nicht nur Rennradfahrer fluchen hier, Touristen verfahren sich, weil sie die Schotterpiste nicht als Fernradweg erkennen.
Erst seit wenigen Jahren werden neue Radwege mit seitlichen Schutzfolien gesichert. Diese sollen verhindern, dass Baumwurzeln unter dem Radweg wachsen und den Asphalt zerstören. Bei Sanierungen von Fernradwegen, wie auf dem R1, und bei Neubauten von straßenbegleitenden Radwegen wird diese neue Technik mittlerweile oft eingesetzt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: