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Bauarbeiten beendet, kürzere Fahrzeiten, mehr Züge. Aber jetzt sorgt der Fahrplanwechsel einmal mehr für Frust bei den Pendlern. Und dann kommt noch der Winter dazu.

© Timur Emek/dapd

Brandenburg: Vogelsänger rüffelt Bahnunternehmen

Unpünktlich, Zugausfälle: Brandenburgs Infrastrukturminister kritisiert massive Probleme nach dem Fahrplanwechsel

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Berlin/Potsdam - Durch den Wintereinbruch sind die Züge voller als sonst – so voll, dass nicht mehr jeder mitkommt. Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) kritisierte die Leistungen der Verkehrsbetriebe nach dem Fahrplanwechsel am Sonntag scharf. „So habe ich mir das nicht vorgestellt und bin unzufrieden“, teilte der Minister am Dienstag mit. Namentlich kritisierte Vogelsänger die Deutsche Bahn, die Odeg und die S-Bahn. Sie müssten sofort einen störungsfreien Betrieb sicherstellen. „Nach dem harten Jahr für die Pendler zwischen Potsdam und Berlin sollte alles besser werden, aber viele Züge fahren nicht pünktlich und erreichen zum Teil ihre Endbahnhöfe nicht.“ Bei der S-Bahn kritisierte Vogelsänger Zugausfälle und viele Verspätungen. Schriftlich teilte der Minister mit: „Ich erwarte von den Verantwortlichen in allen Unternehmen mehr Anstrengungen.“ Vor allem die Pendler seien zu Recht frustriert, sagte der Minister. Es sei nicht hinnehmbar, dass viele Pendler Anschlüsse verpassen oder sich in überfüllte Waggons quetschen müssen. Alle Beteiligten hätten genügend Zeit gehabt, sich auf den Fahrplanwechsel einzustellen. „Derzeit knirscht es überall“, sagte ein Sprecher.

Besonders groß ist der Ärger derzeit auf der Regionalexpresslinie 4. Diese Linie wird seit Sonntag nicht mehr von der Deutschen Bahn, sondern von der Odeg gefahren. Da das Eisenbahnbundesamt den neuen Doppelstockzügen von Stadler in Pankow bislang die Zulassung wegen angeblicher Fehler verweigert, musste die Odeg kurzfristig gebrauchte Züge mieten. Da es davon nicht genug gibt, sind derzeit auf der Strecke Rathenow–Berlin–Jüterbog nur Züge mit drei älteren, einstöckigen Waggons unterwegs. Ein Leser berichtete dieser Zeitung, dass der Zug in Richtung Berlin am Montagmorgen so voll war, dass sich die Verspätung durch das Gedränge zwischen Staaken und Berlin Hauptbahnhof von 10 auf 30 Minuten erhöhte. Die österreichischen Waggons haben, wie berichtet, nur zwei sehr enge Türen an den Wagenenden, was einen schnellen Fahrgastwechsel verhindert. Zudem haben die Züge nur drei und nicht wie vereinbart vier Waggons. Die Odeg reagierte schnell auf das Chaos am Montag. Zunächst bis Freitag vor Weihnachten wird morgens ein Entlastungszug eingesetzt, teilte das Unternehmen mit. Dieser soll in Rathenow um 6.29 Uhr starten.

Brandenburgs Infrastrukturminister kündigte an, dass es finanzielle Konsequenzen für Bahn und Odeg geben wird: „Wir zahlen nur, was auch wirklich fährt.“ Die Verträge zwischen Ministerium und Unternehmen legen genau die Leistungen fest. Fällt ein Zug aus, wird nicht gezahlt. Hat er Verspätung, gibt es Abzüge. Deren Höhe berechne sich unter anderem nach Uhrzeit und Auslastung, erklärte der Sprecher. Wichtiger sei aber, dass „die Fahrgäste zufrieden sind“.

Die Bahn räumte Probleme ein. „Es hakt überall mal ein bischen“, sagte ein Sprecher. Es kämen verschiedene Dinge zusammen: Verspätungen, einzelne Zugausfälle, technische Probleme an Zügen oder Signalen – und letztlich das Winterwetter. „Es gibt aber keine Großstörung“, betonte der Sprecher. Zugleich versicherte er, dass es auch Anspruch der Bahn sei, den Kunden ein gutes und pünktliches Angebot zu bieten.

Am Wochenende hat die Bahn es geschafft, in Casekow, zwischen Angermünde und Stettin gelegen, die Fahrgäste besonders stark zu verärgern. Der Triebwagen fuhr am Samstagmorgen durch mehrere Stationen durch, ohne zu halten – etwa zehn Wartende mussten alleine in Casekow bei starkem Frost ihrem Zug Richtung Berlin hinterhersehen. Nach Angaben der Bahn war der Zug so voll, dass niemand mehr hineinpasste. Der Konzern bestätigte am Dienstag einen Bericht der „Märkischen Oderzeitung“, dass unter den Wartenden auch zwei Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren waren. Nach Angaben der Zeitung konnten die Jugendlichen in einem Geschäft ihre Eltern anrufen und sich abholen lassen. Der Zug war so voll, weil nur ein Triebwagen eingesetzt werden konnte, normalerweise bestehen die Regionalzüge aus zwei gekoppelten Einheiten. Ein Triebwagen ist kürzlich bei einem Unfall beschädigt worden, Ersatz hat die Bahn nicht.

Bei der S-Bahn gab es auch am Dienstag den üblichen Mix aus ausgefallenen Zügen und Signalstörungen. Einschränkungen gab es vor allem auf der S7 Richtung Potsdam. Auf der S75 wurde nur noch im 20-Minuten-Takt verkehrt. Morgens stockte es ab 7 Uhr für eine halbe Stunde auf der Ringbahn, nachdem am Bahnhof Heidelberger Platz ein Zug mit qualmendem Motor liegen geblieben war. Auch am Montag hatte ein Zug in Westhafen gequalmt. Am Vormittag wurde am Ostbahnhof eine 62-Jährige einige Meter von einer S-Bahn mitgeschleift. Die Frau wollte trotz des Warnsignals in letzter Sekunde aus dem Waggon springen. Dabei verfing sich ihre Handtasche in der sich schließenden Tür. Die Frau ließ die Tasche erst nach 15 Metern los und fiel auf den Bahnsteig. Dabei wurde sie leicht verletzt. Jörn Hasselnamm (mit dpa)

Jörn Hasselnamm (mit dpa)

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