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Brandenburg: Vorläufiges Ende eines Albtraums

Der Todesschütze von Berlin-Wedding sitzt in Haft Viele Opfer häuslicher Gewalt leben ständig in Angst

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Berlin - Feride C. kann aufatmen. Der mutmaßliche Todesschütze, der ihr die Mutter und Schwester nahm, ist gefasst. Aus Rache für die Scheidung soll ihr Ex-Mann am vergangenen Donnerstag die tödlichen Schüsse in Berlin-Wedding abgegeben haben. Kurz vor Mitternacht wurde Mehmet Y. am Sonntag von einem Spezialeinsatzkommando auf dem Gehweg vor dem U-Bahnhof Grenzallee im Bezirk Neukölln überwältigt. Bereits im Vorfeld der Tat hatte er seine Ex-Frau mehrmals körperlich angegriffen, bedroht und die vom Gericht angeordnete Kontaktsperre missachtet. Viele Frauen machen ähnliche Erfahrungen mit ihren Ex-Partnern.

Wegweisungen der Polizei und vom Gericht angeordnete Betretungs- und Kontaktverbote sollen von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen schützen. In Frauenhäusern und Schutzunterkünften können sie unterkommen. Doch wie viel nutzen diese Maßnahmen? Und hätte das jüngste Unglück verhindert werden können?

„Es gibt Männer, denen sind behördliche Anordnungen egal“, sagt Emsal Kilic, Koordinatorin in der telefonischen Beratungsstelle „BIG-Hotline“ gegen häusliche Gewalt. „Wenn der Täter sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kann man sein Vorhaben schwer verhindern.“ Selbst wenn Frauen Schutzunterkünfte aufsuchten, würden sie dennoch alltägliche Wege zur Arbeit oder der Schule ihrer Kinder gehen müssen und seien dabei – selbst in Begleitung – unsicheren Situationen ausgesetzt. Genau wie Feride C. Auch ihr Bruder Ferit, der durch einen Kopfschuss schwer verletzt wurde, konnte sie nicht schützen.

„Damit eine Person Polizeischutz erhält, muss eine konkrete Bedrohung für Leib und Leben vorliegen“, heißt es von der Polizei. Eine verbale Drohung allein reiche im Normalfall nicht aus. Bei jeder Anzeige werde aber von erfahrenen Beamten genau geprüft, wie ernst die Bedrohung genommen werden kann. 16 000 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gab es in Berlin im vergangenen Jahr. In den meisten Fällen handelt es sich um Körperverletzungsdelikte, aber auch Stalking, Bedrohung oder Vergewaltigung werden aufgezählt. Der größte Teil der Opfer ist weiblich und zwischen 30 und 40 Jahre alt.

Es sei wichtig, betroffene Frauen für ihre eigenen Situation zu sensibilisieren, sagt Kilic. „Viele unterschätzen die Gefahr, in der sie sich befinden.“ Im Extremfall könne eine Schutzunterkunft in einer Stadt und eine Anonymisierung vorgenommen werden. Doch dauerten diese Verfahren länger. Bei Frauen mit Migrationshintergrund kämen zum Teil weitere, erschwerende Umstände hinzu. „Die familiären Zusammenhänge und Wertevorstellungen einer Ehe spielen dabei eine große Rolle. Genauso wie die Frage, welchen Aufenthaltstatus die Frauen haben und welchen Zugang zu Informationen, wie sie sich schützen können“, sagt Kilic.

Vor weiteren Gewalttaten von Mehmet Y. muss Feride C. vorerst keine Angst mehr mehr haben. Er sitzt in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit in Untersuchungshaft. Noch in der Nacht hatte der 25-Jährige die Beamten zu der Tatwaffe geführt, die er in der Nähe des Tatortes versteckt hatte. Am Nachmittag sollte Haftbefehl erlassen werden. Die Staatsanwaltschaft will Y. wegen zweifachen Mordes und dreifachen Mordversuchs anklagen.

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