Brandenburg: Vorlesen und -sitzen reicht nicht
Im Ausschuss zu den Immobilien-Skandalen werden Zeugen erneut erscheinen müssen – auch weil der Ausschusschef nicht auf der Höhe ist
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Potsdam - Der Untersuchungsausschuss des Landtages zur Immobilien-Affäre wird Frank Marzcinek, den Geschäftsführer der privaten Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG), die den Verkauf der Krampnitz-Kaserne zu verantworten hat, wohl erneut als Zeugen vorladen. Das verlautete am Mittwoch sowohl aus Kreisen der rot-roten Koalition, als auch aus der Opposition aus CDU, FDP und Grünen. Der Grund: Der 49-Jährige, der als Schlüsselfigur der Affäre gilt, war am Dienstagabend erstmals vor den Ausschuss geladen. Marczinek nutzte den Anlass zwar als politische Bühne, zur Vernehmung kam es aber nicht.
Selbstbewusst und braungebrannt hatte er ausführlich eine schriftliche Erklärung vorgelesen, nach der bei der BBG beim Verkauf der Krampnitz-Kaserne alles rechtens gewesen sein soll. „Meine Damen und Herren, ich kann sie beruhigen: Dem Land ist kein Schaden entstanden“, erklärte Marzcinek, der mit Blick auf die heftigen Attacken aus der Union gegen ihn eingangs gleich auf seine CDU-Mitgliedschaft verwiesen hatte. Doch dann berief er sich auf das Auskunftsverweigerungsrecht wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen ihn und verschwand aus dem Saal im Eiltempo. „Nein“, im Vorstand von Babelsberg 03 sei er nicht mehr, raunte er noch auf eine Journalistenfrage. Und weg war er.
Nun steht Ausschusschef Sören Kosanke (SPD) in der Kritik, weil er sich von der Verteidigungsstrategie Marczineks und zuvor auch der der BBG-Vertragsexpertin Angela P., die sich monatelang auf den Auftritt vorbereitet hatten, überrumpeln ließ. Auf deren Verweis zum umfassenden Schweigerecht reagierte er unsicher, akzeptierte dies zunächst, was den Untersuchungsausschusserfahrenen CDU-Obmann Dierk Homeyer – gemessen an seiner Gesichtsfarbe – an den Rand der Weißglut brachte. Aber selbst eigene Genossen schüttelten den Kopf über Kosanke.
Denn der hat eine Staatsanwältin als Beraterin, und er hatte – wie die Ausschussmitglieder – schwarz auf weiß eine schriftliche Auskunft der Potsdamer Staatsanwaltschaft vorliegen, die die Ermittlungen gegen Marczinek, Ex-BBG-Geschäftsführer Harald Holland-Nell und BBG-Bereichsleiterin Angela P. wegen des Verdachts schwerer, gemeinschaftlicher Untreue bestätigte. Dem Schreiben lag der Eröffnungsvermerk „vertraulich“ der Staatsanwaltschaft vom Februar 2011 zur Aufnahme des Ermittlungsverfahrens bei, das sich ausschließlich auf den Verdacht des „Unterpreisverkaufes“ bei der Krampnitz-Kaserne bezieht, nicht aber auf den Kauf der vorher landeseigenen BBG an Marczinek oder andere Komplexe, die der Untersuchungsausschuss ebenfalls aufhellen will.
Juristen sind sich nach PNN-Recherchen weitgehend darin einig, dass ein globales Auskunftsverweigerungsrecht vor diesem Hintergrund nicht besteht, dass Kosanke als Ausschusschef mit Zwangsmitteln, etwa der Androhung von Ordnungsgeld, Auskünfte zu Themen außer Krampnitz erzwingen könnte. Zeugen könnten sich dann allenfalls bei konkreten Fragen auf das Recht berufen, müssten dies allerdings jeweils konkret begründen. Als einziger der drei BBG-Zeugen hatte Ex-BBG-Geschäftsführer Harald Holland-Nell, jetzt Hausanwalt der früheren Landesfirma, eine andere Strategie gewählt – und trotz der Ermittlungen Fragen beantwortet. Er widersprach etwa dem Kasernen-Käufer Ingolf Böx, der die BBG schon 2008 – damals schon in Zahlungsnöten – über den Ausstieg des solventen Thylander-Investors informiert haben wollte.
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