Brandenburg: Wahlstreet zur Brandenburg-Wahl
Mit Umfragen ist das so eine Sache. „Forsa-Umfrage sieht SPD bei Brandenburg-Wahl vorn“, hieß es beispielsweise vor knapp zwei Wochen.
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Mit Umfragen ist das so eine Sache. „Forsa-Umfrage sieht SPD bei Brandenburg-Wahl vorn“, hieß es beispielsweise vor knapp zwei Wochen. Ein paar Tage später meldete die Konkurrenz von Infratest-Dimap: „PDS liegt erstmals vor SPD und CDU“. Was war passiert? War es der PDS innerhalb von zwei Tagen gelungen, die Brandenburger von sich zu überzeugen? War eine der Umfragen „bestellt“, wie es Union und FDP der Forsa-Befragung unterstellten? Seit 1999 gibt es neben den herkömmlichen Umfrage-Methoden eine weitere Möglichkeit, den Ausgang einer Wahl zu prognostizieren: die Internet-Börse „Wahlstreet“. Dabei handelt es sich um einen Online-Aktienmarkt, auf dem Aktien von Parteien gehandelt werden. Man verkauft beispielsweise Papiere der SPD, um den Erlös in, sagen wir, Grünen-Aktien zu investieren. Die Aktienkurse reagieren wie im echten Leben: Eine hohe Nachfrage nach einer bestimmten Aktie treibt deren Preis in die Höhe, ein Überangebot sorgt für Kursverluste. Doch ist die Wahlstreet viel mehr als ein simulierter Aktienmarkt. Der jeweilige Aktienkurs der Parteien lässt nämlich eine enorm zuverlässige Prognose für den Wahlausgang zu. Der Grund dafür ist sehr einfach: Die Wahlstreet-Händler müssen echtes Geld einsetzen (zwischen 10 und 50 Euro). Politisch motivierte Manipulation der Aktienkurse ist deshalb kaum möglich. Eine zweite Bedingung für die genaue Prognose betrifft die spätere Auszahlung des eingesetzten Geldes: Jeder Partei-Aktie wird zum Börsenschluss am Wahlabend genau der Wert zugewiesen, den die jeweilige Partei laut vorläufigem amtlichen Endergebnis an Stimmenanteilen erreicht hat. Weil die Händler dies natürlich wissen, versuchen sie, die Partei-Aktien zu einem Kurs zu handeln, von dem sie glauben, er entspreche dem späteren Wahlergebnis. Wie sensibel und unmittelbar die Aktienkurse der Parteien reagieren, konnte 2002 bei der Wahlstreet zur Bundestagswahl beobachtet werden. Als Bundeskanzler Schröder damals den Opfern der Flutkatastrophe in Ostdeutschland umfangreiche Finanzhilfen ankündigte, schoss der Aktienkurs der SPD nach oben – und blieb dort bis zum Wahltag. Bei der Wahlstreet zur Landtagswahl in Brandenburg, die von Tagesspiegel Online und den Potsdamer Neuesten Nachrichten veranstaltet wird, führt derzeit übrigens ebenfalls die PDS. SPD und CDU liegen nahezu gleichauf. Bedenklich hoch handeln die Wahlstreet-Börsianer die „Sonstige“-Aktie, unter die auch DVU und die NPD fallen (siehe Grafik). Hoffentlich irrt sich die Wahlstreet wenigstens in diesem Fall. Markus Horeld Die Wahlstreet im Internet www.wahlstreet.de
Markus Horeld
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